Die Eutrophierung des Hallwilersees ist eine Folge der starken Anreicherung von Phosphor im vergangenen Jahrhundert. | Foto: Markus A. Jegerlehner/Keystone

Obwohl die Phosphorbelastung der Schweizer Seen abgenommen hat, ist ein toxisches Cyanobakterium noch immer weit verbreitet. Es siedelt sich nun in zunehmend grösserer Tiefe an und könnte längerfristig in turbulente Bereiche absinken. Auf diese Weise könnte es dann wieder an die Oberfläche gelangen, wie Forschende der mikrobiellen Ökologie der Universität Genf zeigen. Ena Lucia Suarez und Bastiaan Ibelings untersuchen die sogenannte Eutrophierung (eine meist menschengemachte Anreicherung von Nährstoffen in einem Ökosystem, Anm. d. Red.) des Hallwilersees im Kanton Aargau mit Daten, die über einen Zeitraum von 35 Jahren gesammelt wurden.

Diese Eutrophierung war insbesondere eine Folge der starken Anreicherung von Phosphor in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie förderte das Wachstum von giftigen Mikroalgen und Cyanobakterien. Die erste Entdeckung der beiden: Obwohl inzwischen wieder weniger Phosphor im See vorhanden ist, konnte sich das toxische Cyanobakterium Planktothrix rubescens behaupten. Denn: «Durch den Phosphormangel ist das Wachstum von Phytoplankton an der Seeoberfläche reduziert. Dadurch wiederum gelangt mehr Licht in die mittleren Tiefen des Sees, wo das Cyanobakterium normalerweise lebt», erklärt Ibelings. «Da diese Art Photosynthese betreiben kann, ist ihr Wachstum explosionsartig angestiegen.»

«Wenn sich die Cyanobakterien weiterhin jährlich um etwa 30 Zentimeter tiefer ansiedeln, erreichen sie irgendwann turbulente Schichten, über die sie nach oben gelangen könnten.» Bastiaan Ibelings

Die Forschenden stellten zudem fest, dass sich die Cyanobakterien in umso tieferen Schichten ansiedelten, je klarer das Wasser wurde. Dafür sind die von ihnen in grösseren Mengen produzierten Zucker verantwortlich, die sie wie Ballast nach unten ziehen. Gegenwärtig leben die Cyanobakterien 7,7 Meter tiefer als im Jahr 2000, also in der tiefsten und kältesten Schicht des Sees.

«Das könnte für das Trinkwasser problematisch werden, da die Entnahme normalerweise in dieser Tiefe erfolgt. Wenn sich die Cyanobakterien weiterhin jährlich um etwa 30 Zentimeter tiefer ansiedeln, erreichen sie ausserdem irgendwann turbulente Schichten, über die sie nach oben gelangen könnten», vermutet Ibelings. Die Cyanobakterien sollten daher weiterhin beobachtet werden – unter Berücksichtigung der langfristigen Auswirkungen der Phosphorreduktion und der Klimaerwärmung.

E. Suarez et al.: The emergence and dominance of Planktothrix rubescens as an hypolimnetic cyanobacterium in response to re-oligotrophication of a deep peri-alpine lake. Limnology and Oceanography (2023).