Aufrunden bitte!

Kaspar-und: Spin-off der Universität St. Gallen (2020)
Ziel: Investieren und Vorsorgen mit Kleinstbeträgen

«Unsere Kunden haben ab dem ersten Franken Zugang zu allen Anlagelösungen. So bauen wir Hürden ab», sagt Jan-Philip Schade. Denn: «Wir glauben, dass Investieren ein Recht für alle ist und nicht nur wohlhabenden Menschen vorbehalten sein soll.» Dafür hat Schade mit drei Mitstreitern das Fintech Kaspar-und gegründet. Bei jeder Bezahlung mit der Kaspar-und-Kreditkarte wird auf den nächsten Franken auf­gerundet und das Kleingeld automatisch investiert. Dafür erhalten die Kundinnen neben der Kreditkarte auch ein Bankkonto und ein Anlagedepot. «Das Wechselgeld legen wir in einer unserer fünf Anlage­strategien an.» Die reichen von «sehr zurückhaltend» bis zur reinen Aktienstrategie. Das Unternehmen beteuert, seine Anlagen nach Umwelt- und Gesellschaftskriterien sowie nach unternehmerischen Mindeststandards zu tätigen. Zusätzlich können Kunden online oder via App weitere Anlage- und Sparziele eröffnen und sie mit Daueraufträgen bedienen. Dazu gehört auch eine Säule-3a-Vorsorgelösung. Konto und Karte sind kostenfrei, aber auf das verwaltete Vermögen erhebt Kaspar-und eine jährliche Gebühr von 0,85 Prozent.

Alarm bei Marktschwankungen

Adaptivv: Spin-off der ETH Zürich (2016)
Ziel: frühe Risikoerkennung für Profis

«There is no free lunch.» Oder: keine beständig positiven Renditen ohne Risiko. Das weiss auch das Team von Adaptivv. Trotzdem versprechen die drei Gründer: «Wir schützen das Vermögen unserer Kundinnen besser vor grossen Marktkrisen als herkömmliche Methoden.» Ihr «Adaptivv Sensor» basiert auf der frei zugänglichen Doktorarbeit von Tobias Setz. Dahinter steckt ein mathematisches Verfahren, das die Wahrscheinlichkeit für steigende Risiken und fallende Kurse beschreibt. Felix Fernandez erklärt: «Wir messen kontinuierlich Marktrisiken und passen unsere Portfolios entsprechend an.» Schlägt der Sen-sor Alarm, weil zum Beispiel die Preise an einem Markt plötzlich stärker schwanken oder die er­zielten Renditen weit unter den Erwartungen liegen, schichtet die Firma Anlagen um. Das Verfahren des Start-ups funktioniert laut Fernandez für Aktien, Devisen, Anleihen, Rohstoffe und Kryptowährungen. Wie überzeugt die Firma von ihrer Technologie ist, zeigt sie auf ihrer Webseite am Beispiel der Entwicklung der Credit Suisse: Der Sensor erkannte die Turbulenzen der Bank lange vor dem Kurs-Crash. Das Start-up hätte Investitionen deshalb sehr früh rausgezogen. Aktuell geht das Jungunternehmen den nächsten Schritt. Seit Juli 2023 hat es ein eigenes, auf Aktien basiertes Anlageprodukt am Markt.

Kein Gewinn, dafür viel Sinn

Galileo: Spin-off der Universität Zürich (2018)
Ziel: Investitionen und Jungunternehmen nachhaltig machen

Eigentlich wollte Sveta Banerjee Bankerin werden. Dann erschütterte 2008 die Finanzkrise die globalen Märkte – und ihre Überzeugungen gleich mit. «Mir wurde bewusst, dass ich die Bankenbranche verändern will.» Sie begann, sich mit Impact Investing auseinanderzusetzen. «Das ist keine Philanthropie», erklärt die Unternehmerin. «Es geht, wie bei klassischen Anlagen, um Rendite und Skalierung. Geld fliesst aber nur in Unternehmen mit einem positiven sozialen und ökologischen Ausdruck.» 2018 gründete sie mit zwei Partnern Galileo, eine Informationsplattform ohne Gewinnabsichten. Das Ziel: Events und Workshops veranstalten, die über Impact Investing informieren. «Studierende, Banker, IT-Beraterinnen: Wir haben Tausende Menschen weitergebildet, die nach Sinn in ihren Berufen suchten.» 2020 gründete Banerjee noch die Impact Investing Solutions, um Start-ups und Unternehmen bei ihrer Transformation zu Nachhaltigkeit zu unterstützen. «Dafür produzieren wir eine TV-Show mit rund 860 000 Zuschauern monatlich, die wir über unterschiedliche Kanäle erreichen.» Und das Unternehmen besitzt ein Investoren-Netzwerk mit rund 7000 Mitgliedern. «Mit unserer Hilfe konnten wir bislang etwa eine halbe Milliarde US-Dollar an Investitionen ermöglichen», sagt Banerjee.

Nie mehr Spesenabrechnungen

Yokoy: Spin-off der Universität St. Gallen (2019)
Ziel: automatisch Firmenausgaben verwalten

Im Jahr 2018 arbeitete Devis Lussi bei einem global agierenden Konzern und brachte Monat für Monat stundenlang mit Spesenberichten zu. Das muss doch besser gehen, dachte er sich – und die Idee zu Yokoy war geboren. «Heute bieten wir eine Software-Komplettlösung für das Ausgabenmanagement an», sagt Mitgründer Philippe Sahli. Das Spin-off führt Spesen, Rechnungen und die Verwaltung von Firmenkreditkarten auf einer Plattform zusammen. Dann prüft eine künstliche Intelligenz alle Eingaben. «Unser Inhouse-KI-Lab ist das Herzstück», sagt Sahli. Ihre KI erkenne beispielsweise, wenn eingetragene Spesen nicht zu Ausgabenrichtlinien des Unternehmens passten. «Unsere Software lernt mit jedem Beleg dazu und ist morgen besser als heute.» Yokoy hat Kundinnen auf der ganzen Welt und verwaltete zuletzt ungefähr eine Milliarde US-Dollar. Dafür arbeiten mittlerweile über 250 Mitarbeitende an sechs Standorten. Viele wurden direkt aus Schweizer Universitäten rekrutiert. «Sie sind eine Quelle für Toptalente.»

Wirkung auf Mensch und Umwelt zeigen

Leafs: Spin-off der Universität Basel (2021)
Ziel: transparente Anlageportfolios

Während eines Austauschsemesters 2020 in Taiwan lernten sich Lars Stauffenegger und Daniel Fink kennen. Sie einte, dass sie die Finanzwelt der Zukunft demokratisieren wollten. «Je besser Anlegende informiert sind, desto eher fällen sie nachhaltige und mit ihren Prinzipien übereinstimmende Investitionsentscheide», erklärt Stauffenegger. Ein Jahr später hoben die beiden mit Mitgründer Frederik Wetzel Leafs aus der Taufe. Ein Software-as-a-Service-Unternehmen, das nicht nur Risiken, sondern vor allem Umwelt- und Sozialwirkungen eines Anlageportfolios transparent machen will. Sind diese Daten verständlich aufbereitet, hofft das Team, fliesst mehr Kapital in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. «Wir möchten einen positiven Einfluss auf die Finanzbranche und die Gesellschaft insgesamt haben», sagt Fink. Die Software von Leafs erklärt An­legenden deshalb das Risiko ihrer Investition für sie persönlich und mögliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. Noch ist ­Leafs nicht am Markt. Anna Vasileva, Head of Product, aber sagt: «Wir haben positive Resonanz von Vermögensverwalterinnen erhalten, die unsere Lösung ansehen konnten.» Mitte 2023 befindet sich das mittlerweile neunköpfige Team auf einer Roadshow durch die Schweiz und präsentiert die Software potenziellen Kunden.

Anlage-KI spielt Evolution

Aionite: Spin-off der Universität Zürich (2020)
Ziel: Optimale Strategien für Investitionen austesten

«Wir machen als erster Anbieter die evolutionäre Finanzmarkttheorie investierbar», sagt Marco Högger. Bei Aionite dreht sich alles um das Überleben des Fittesten. Das Start-up investiert in Anlagestrategien, die – so zumindest das Versprechen – «evolutionär überlegen» sind. Das ist sicher­lich cleveres Marketing. Das ist aber auch eine eigens trainierte künstliche Intelligenz. «Sie beurteilt und gewichtet Anlagestrategien und bestimmt wahrscheinliche Kurs­bewegungen», sagt Högger. Die KI berechnet zudem, wie wahrscheinlich eine Strategie funktioniert. Je höher die Wahrscheinlichkeit, desto höher das Investment. Die beiden Gründer legen Geld global und sehr breit an: in Indizes, Währungen, Obligationen und Rohstoffen. Sie setzen auf steigende und fallende Kurse und sind so «theoretisch für jede Markt­phase gewappnet». Und die Gründer glauben an ihr Produkt: «Wir sind mit unserem gesamten Vermögen in unsere Strategie ­investiert und sitzen im selben Boot mit unseren Investoren», sagt Högger. Aionite ist auch drei Jahre nach der Ausgründung, ­bedingt durch die Forschungs- und Dozententätigkeit des zweiten Gründers, Sandro Braun, noch immer eng mit der Uni Zürich ­verzahnt. Die Nähe ermöglicht es, Talente in gemeinsame Projekte zu involvieren.

Illustrationen: Niels Blaesi