Ein Dia aus dem Cern, das dreissig Jahre lang vergessen worden war, ist durch Zerfall zum Hingucker geworden. | Foto: Jean-Yves Le Meur

Von den rund 450 000 Diapositiven des Cern sind einige Dutzend der üblichen Archivierung entgangen. Dieses Bild zeigt, was von ihnen übriggeblieben ist, nachdem sie dreissig Jahre lang vergessen worden waren und dann von Jean-Yves Le Meur, dem Verantwortlichen für das digitale Fotoarchiv des Cern, und dem Physiker Matteo Volpi entdeckt wurden. «Da waren Mikroorganismen am Werk», erklärt der Informatiker, der nach einer Erklärung für den schlechten Zustand dieses Dias suchte.

«Bei den weissen Stellen haben die Mikroorganismen die Farben bereits vollständig verzehrt.»Matteo Volpi

«Mit unseren leistungsfähigen Mikroskopen konnten wir das auf dem Diapositiv noch vorhandene Material bestimmen und es mit einem korrekt gelagerten Bild vergleichen. So sind wir dem biologischen Prozess, der hier abläuft, auf die Spur gekommen: Die Mikroorganismen lassen die Farben verschwinden, indem sie sich von der Gelatineschicht ernähren, welche die Farben eigentlich erhalten soll. Sie setzen Enzyme frei und nehmen sie danach wieder auf. Wir sehen auch, welche Wege von den Mikroorganismen bevorzugt wurden: Bei den weissen Stellen haben sie die Farben bereits vollständig verzehrt.»

Vom ursprünglichen Bild ist glücklicherweise ein interessanter Ausschnitt erhalten geblieben: Man sieht den zentralen Zylinder des Delphi-Detektors, der zum LEP-Teilchenbeschleuniger gehört, der von 1989 bis 2000 in Betrieb war. Davor sitzt ein Forscher, der Messungen ausführt.

«Mich fasziniert, dass es sich um ein Instrument handelt, mit dem unvorstellbar kleine Teilchen beobachtet werden.»Jean-Yves Le Meur

Es entsteht der Eindruck, durch ein Teleskop eine Person zu betrachten, die selbst durch ein Teleskop schaut. «Mich fasziniert, dass es sich dabei aber um ein Instrument handelt, mit dem unvorstellbar kleine Teilchen beobachtet werden», sagt Le Meur. Ebenso eindrücklich ist die Begegnung von Teilchenphysik und Mikrobiologie. Sie ist die Illustration des Prozesses, der die Erinnerungen des Cern allmählich in ein Kunstwerk verwandelt. Hier gerade noch rechtzeitig vor der Vernichtung gerettet.