In der Astronomie misst ein Frequenzkamm (Punkte) das Spektrum (Linien) eines Sterns. Die dargestellten Farben sind zu weit auseinander und dienen lediglich der Illustration. | Foto: ESO

Glasfaserkabel sind für die Infrastruktur des Internets unverzichtbar geworden. Sie übertragen Daten schneller und weiter als Kupferkabel. Vereinfacht gesagt, leiten dabei feine Fasern aus Glas oder Kunststoff einen pulsierenden Laserstrahl und übertragen damit digitale Informationen in Form von Einsen und Nullen. Das ist ungefähr wie ein Morsecode, der mit einer Taschenlampe übertragen wird – nur binär codiert und vor allem viel schneller.

«Der entscheidende Punkt ist, dass sich das Licht, anders als bei einem Prisma, nicht in alle Richtungen aufspaltet.» Maxim Karpov

Um die Übertragungsrate zu erhöhen, wird seit den 1990er-Jahren versucht, den Laserstrahl in mehrere Kanäle aufzutrennen, mit sogenannten Frequenzkämmen. Das Prinzip dabei ist, das gesamte Lichtspektrum, das von Ultraviolett über das sichtbare Licht bis hin zu Infrarot reicht, gleichmässig in bestimmte Wellenlängen aufzuteilen. Anstelle einer kontinuierlichen Verteilung der Frequenzen hat das Spektrum dann die Form eines Kamms mit Zinken in gleichmässigen Abständen, daher auch die Bezeichnung Kamm. Nach der Umwandlung des Laserstrahls kann nun jeder Zahn dieses Kamms unabhängig ein Signal übertragen.

In der Theorie bedeutet dies, dass sich parallel mehrere – bis zu Hunderten – Datenströme über eine einzige Glasfaser leiten lassen. Das Prinzip ist im Labor bereits erprobt und inzwischen auch Bestandteil erster kommerzieller Anwendungen.

Hundertfach aufgeteilter Laserstrahl

Dies ist auch die Mission des Unternehmers Maxim Karpov, der früher an der EPFL und am Forschungszentrum CSEM forschte und 2021 das Start-up Enlightra gründete. Seine Technologie nutzt Frequenzkämme, um das Verhältnis zwischen Durchsatz (übertragene Bits pro Zeiteinheit, Anm. d. Red.) und Energie bei der optischen Datenübertragung zu verbessern. Bereits kurz nach der Gründung wurde Karpovs Unternehmen in den Club der vom kalifornischen Gründerzentrum Y Combinator geförderten Start-ups aufgenommen, zu denen schon Airbnb, Dropbox oder Reddit gehörten. Es hat heute 14 Mitarbeitende und liefert erste Produkte nach Deutschland und in die USA.

Das Unternehmen produziert Frequenzkämme mit kompakten, in einen Mikrochip integrierten Komponenten. Der Laserstrahl wird dabei innerhalb des Chips in eine Schleife geleitet. Dieser Mikroresonator teilt den Laserstrahl in verschiedene Farben. «Der entscheidende Punkt dabei ist, dass sich das Licht, anders als bei einem Prisma, nicht in alle Richtungen aufspaltet», erklärt Karpov.

«Mikro-Frequenzkämme könnten in einer ersten Etappe zu einer Schlüsseltechnologie in Nischenbereichen der Datenübertragung werden.» Brendan Heffernan

«Die einzelnen Farben sind unterscheidbar, bleiben aber in einem einzigen Strahl übereinandergelegt. » Mit anderen Worten: Das Lichtsignal verhält sich weiterhin wie ein Laserstrahl, was die Voraussetzung dafür ist, dass es durch die Glasfaser geleitet werden kann.

Jede Farbe – also jeder Zinken des Kamms des aufgespaltenen Spektrums – kann als eigener Kanal genutzt werden. Bei den Prototypen von Enlightra lässt sich der in etwa 100 Farben zerlegte Strahl wie 100 Lichtwellenleiter in einer einzigen Glasfaser nutzen. Dabei ist der Stromverbrauch zehnmal geringer als bei herkömmlichen optischen Systemen mit derselben Übertragungsrate.

Datenzentren könnten Strom sparen

Das Start-up möchte vor allem Datenzentren beliefern, bei denen Einsparungen des Stromverbrauchs um etwa ein Prozent möglich wären. Diese Einsparungen sind keineswegs vernachlässigbar: Der Anteil der Datenzentren am globalen Energiebetrag beträgt drei Prozent und steigt von Jahr zu Jahr.

Für Brendan Heffernan, Forscher bei IMRA America und Experte für Frequenzkämme, der nicht an der Arbeit von Karpov beteiligt war, ist der Ansatz überzeugend. «Mikro-Frequenzkämme könnten in einer ersten Etappe zu einer Schlüsseltechnologie in Nischenbereichen der Datenübertragung werden. Wie bei jeder neuen Technologie gibt es noch einige technische Hürden – aber weltweit auch viele Talente, die auf Lösungen hinarbeiten.»

Längerfristig könnte sich die Technologie der Mikrofrequenzkämme auch in den Privathaushalten durchsetzen, die über Glasfaserleitungen mit dem Internet verbunden sind, glaubt Karpov. «Aber im Moment ist das noch Zukunftsmusik.»