Louis Pasteur und Robert Koch erkannten im 19. Jahrhundert die Rolle diverser Bakterien.
Später galt in der Biologie als sicher: Alle Krankheitserreger besitzen genetisches Material.

DAS DOGMA

bis 1982

Der amerikanische Biochemiker Stanley Prusiner wirft mit der Prionentheorie das Dogma über den Haufen. In Science behauptet er als Einzelautor, dass die Schafkrankheit Scrapie durch veränderte Proteine ausgelöst wird. Proteine aber haben kein Erbgut. Prusiner erklärt später: Wie ein Regenschirm, der bei Sturm umklappt, wechselt so ein Protein plötzlich seine Faltung. Prionen sollen auch die Erreger weiterer bisher ungeklärter Krankheiten wie etwa BSE sein.

DER KETZER

9. April 1982

Wer ein Dogma stürzt, erntet Gegenwind, so auch Stanley Prusiner. Seine Prionentheorie findet zwar Anhänger, aber viele Wissenschaftler glauben weiter fest daran, dass es keine Krankheitserreger ohne Erbgut gibt. Das Problem: Prusiner kann nicht belegen, dass die krankhaften Proteine weitere Proteine anstecken können. Einer seiner Kritiker ist Heino Diringer, Virologe am Robert-Koch-Institut. Er glaubt, dass es sich bei den Erregern von BSE und Co. eigentlich um sehr langsame und winzige Viren handelt.

DER GLAUBENSKRIEG

1982-1997

Französische Forschende publizieren in Science eine Studie, welche Prusiners Prionentheorie widerlegen soll. Sie hatten Mäuse mit Hirnsubstanz aus von an BSE erkrankten Rindern infiziert. Alle Nager wurden daraufhin zwar krank, doch nicht bei allen wurden die falsch gefalteten Proteine gefunden. Erst als die Forschenden gesunde Mäuse mehrfach mit Gehirnzellen kranker Mäuse infizierten, tauchte das Prion auf. Ihr Fazit: Prionen könnten bei der Infektion eine Rolle spielen, sind aber nicht entscheidend.

DIE GEGENREDE

17. Januar 1997

Stanley Prusiner bekommt für seine Prionentheorie den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Das überrascht viele. Im deutschen Ärzteblatt heisst es etwa «Eine gewagte These wird geadelt». Doch das Nobelpreiskomittee «glaubt» Prusiner, wie es in einem Spiegelbericht zitiert wird.

DIE HEILIGSPRECHUNG

6. Oktober 1997

Dem Nobelpreis zum Trotz zweifeln viele Forschende weiter an der Prionentheorie. Das Problem ist das alte: Bisher konnte niemand belegen, dass Prionen ihre falsch gefaltete Form an die gesunden Proteine weitergeben, sie also anstecken können. Ausserdem gibt es bei den diversen hirndegenerierenden Krankheiten extrem viele verschiedene Prionenformen. Dies wird als Hinweis darauf verstanden, dass der eigentliche Erreger ein anderer ist.

DAS LANGE ZWEIFELN

1997-2010

Eine Gruppe Forschender publiziert in Science Resultate aus einem Experiment, bei dem sie das krankhafte Prion gänzlich isolieren und wilde Mäuse mit puren Prionen anstecken konnten. In den erkrankten Hirnen wurden die falsch gefalteten Proteine gefunden. Die Infektiösität der Prionen gilt als belegt, weil sämtliche Koch’schen Postulate nun erfüllt sind: Der Erreger kann ausserhalb des Organismus gezüchtet werden und löst alleine die Krankheit aus.

DER BELEG

26. Februar 2010

Die Prionentheorie ist auch in der Alzheimerforschung relevant. Bei der sich immer stärker ausbreitenden Alterskrankheit sollen zwei Proteine fehlgefaltet sein. Die beiden verdächtigen Beta-Amyloid und Tau sollen die Krankheit im Verbund auslösen. Prusiner forscht zuvorderst mit. Nach einigen therapeutischen Fehlschlägen werden die Prionen aber als Ursache für die Krankheit stark angezweifelt.

HOFFNUNG UND ENTTÄUSCHUNG

aktuell