Weniger Anandamid? Der Mangel an körpereigenem Cannabinoid fördert möglicherweise Magersucht. | Bild: Keystone/laif/Annette Schreyer

Nach dem Joint kommt der Heisshunger. Dafür verantwortlich ist das in Cannabis enthaltene Cannabinoid THC. Aber auch körpereigene Substanzen, die THC ähneln und an die gleichen Rezeptoren im Gehirn binden, steuern den Appetit. Eine kleine Studie des Universitätsspitals Zürich und der Universität Freiburg hat jetzt gezeigt, dass Magersüchtige, die kein Hungergefühl haben, einen Mangel an einem dieser körpereigenen Cannabinoide aufweisen.

Dafür untersuchten die Forschenden 15 Patientinnen mit Magersucht und stellten fest, dass in ihrem Blut weniger Anandamid – eines der menschlichen Cannobinoide – zirkulierte als bei Gesunden. Das änderte sich auch dann nicht, wenn die Versuchspersonen schon länger nicht mehr restriktiv gegessen und ihr Gewicht deutlich gesteigert hatten. «Obwohl wir unsere Studie nur mit wenigen Probandinnen machen konnten, waren die Befunde sehr auffällig», sagt Gabriella Milos, leitende Ärztin am Zentrum für Essstörungen des Universitätsspitals Zürich.

Ob dieser Mangel an Anandamid die Ursache oder eine Folge der Erkrankung ist, konnten die Forschenden nicht untersuchen. Ungeklärt ist auch, ob die Konzentration im Blut tatsächlich das Geschehen im Hirn widerspiegelt.

Allerdings sei heute unbestritten, so Milos, dass Magersucht sowohl genetische als auch stoffwechselbedingte Ursachen habe. «Magersucht ist nicht nur eine Art von Hungerstreik. Man findet Veränderungen im Metabolismus und könnte an dieser Stelle vielleicht therapeutisch eingreifen.» Das möchte Mayron Piccolo, Erstautor der Studie und klinischer Psychologe an der Universität Freiburg, nun gerne untersucht wissen: «Wichtig ist jetzt zu überprüfen, wie eine auf Cannabinoiden basierte Medikation das Essverhalten von Patienten mit Magersucht beeinflussen kann.»

Piccolo M. et al.: Altered circulating endocannabinoids in anorexia nervosa during acute and weight-restored phases: A pilot study. European Eating Disorders Review (2019)