Manche Senioren lehnen den Rollator ab, weil sie dem Bild der fitten Alten entsprechen wollen. | Bild: Fotolia/Wellnhofer Designs

Fitte Seniorinnen und Senioren reisen durch die Welt, halten sich mit Tanzen beweglich, hüten Grosskinder und engagieren sich freiwillig. Wurde Älterwerden früher mit geistigem und physischem Abbau gleichgesetzt, soll heute aktiv gealtert werden. Die Vorstellungen über das Alter haben sich mit dem demografischen Wandel und der steigenden Lebenserwartung verändert. Ein zivilisatorischer Fortschritt, bei dem gewisse Gruppen von Älteren aus dem Blick geraten und sich zunehmend abgehängt fühlen. Dies zeigt eine Untersuchung der Zürcher Ethnologin Francesca Rickli bei älteren Menschen mit Mobilitätsbehinderung.

Die an der Studie beteiligten 35 Personen über 64 aus der Deutschschweiz konnten gar nicht oder nur wenige Meter selbstständig gehen. Einige lebten schon vor dem Rentenalter mit der Behinderung, bei anderen war sie altersbedingt. Die Forscherin besuchte die Frauen und Männer über Monate bei ihren Alltagsroutinen. Die meisten haderten damit, dem Anspruch eines gelingenden Alterns nicht oder nicht mehr zu genügen. «Denn Behinderung, Gebrechlichkeit und Abhängigkeit sind in diesem Bild nicht vorgesehen», sagt Rickli. Das führte bei den altersbedingt Mobilitätsbehinderten dazu, dass sie Rollatoren und Rollstühle ablehnten, obwohl diese Hilfsmittel ihnen mehr Bewegungsfreiheit verschafft hätten und mehr Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Aufhorchen lässt auch Ricklis Befund, wonach sich einige Studienteilnehmende von der öffentlichen Debatte über erleichterten Alterssuizid unter Druck gesetzt fühlten. Ältere dagegen, die schon länger mit Behinderung leben, bräuchten besseren Zugang zu Unterstützung, stellt die Forscherin fest. Doch dazu wären auch Anpassungen im Schweizer Sozialversicherungssystem nötig.