Noch sind die Brain-Computer-Interfaces im Experimentalstadium: An der EPFL steuern zwei Männer einen Avatar im Computer mittels Hauben voller Elektroden. | Foto: Matthieu Gafsou

Früher war unsere Seele noch unsterblich – zumindest die Seele des Geistes, die Anima intellectiva von Aristoteles. Auch René Descartes betrachtete unsere innere, geistige Welt – die Res cogitans – noch als klar getrennt von unserem Körper und damit auch von der materiellen Welt. Der Körper wurde durch das Leben gezeichnet. Die Seele war geschützt vor den Angriffen aus dem Diesseits.

Heute jedoch hat sich der Materialismus als gängige Philosophie durchgesetzt. Unser Geist wird zum Produkt des Gehirns, entspringt also unserem Körper. Damit wird er genauso verletzlich und äusseren Einflüssen ausgesetzt wie dieser. Ein winziges Blutgerinnsel kann den Hirnschlag auslösen, der zur massiven Veränderung der Persönlichkeit führt.

Nun dringt auch die Medizin immer weiter in unseren Geist ein. In unserem Fokus zeigen wir, wie dies vorerst harmlos mit Gehirnjogging und Achtsamkeitstraining beginnt, über aufputschende Wirkstoffe, Neurofeedback und Magnetstimulation geht, am Schluss aber bis zum Implantieren von Elektroden ins Gehirn führt.

«Die implantierten Brain-Computer-Interfaces werden wahrscheinlich bald kommen.»

Eine Patientin mit einer sehr schweren Depression muss während der Operation einer Tiefen Hirnstimulation auf einmal lächeln. So verschwimmt die Grenze zwischen unserem Innen und der materiellen Welt. Die Urheberin des Lächelns ist unklar: Ist es die Patientin oder die Neurologin, die die Elektrode richtig einstellt? Und diese Implantate, die man bei der Parkinsonkrankheit schon länger routinemässig einsetzt, geben uns lediglich einen Vorgeschmack davon, was wahrscheinlich bald kommen wird: die Brain-Computer-Interfaces.

Die Firma Neuralink entwickelt sie für Gehirnkrankheiten. Doch der Schritt zum Steuern von Geräten und Empfangen von Informationen ist nicht weit. Schon heute können wir mit Elektroden ausserhalb des Schädels Computer steuern. Vielleicht werden wir die Funktionen unseres Smartphones eines Tages direkt ins Gehirn einbauen. Die Bedienung ginge viel schneller, und kein Bildschirm könnte zerbrechen. Ist das furchteinflössend? Sicher tun alle gut daran, sich schon jetzt auf solche Möglichkeiten einzustellen.