Die gesammelten Fakten zum Klimawandel füllen viele Regale. Das ist für Skeptiker kein Grund, diesen Glauben zu schenken. | Bild: Manu Friederich

In einer Welt voller Emotionen, Slogans und Bilder fristen sachbezogene Argumentationen eher ein Schattendasein. Der Intellektuelle Tom Nichols sieht einen Grund dafür im Wohlstand: Im Überfluss vergisst eine Gesellschaft, dass nicht Meinungen, sondern Fakten für Gesundheit und Wohlbefinden entscheidend sind.

Die Expertenkrise ist nur ein Aspekt dieser weltumspannenden Problematik. Das zunehmende Misstrauen gegenüber «Eliten» und die Abneigung gegenüber Institutionen scheinen symptomatisch für eine Gesellschaft, die sich lieber auf dem Erreichten ausruht als den Blick in die Zukunft richtet. In diesem Umfeld ist es für Forschende schwierig, Einfluss auf die Weltanschauung der Öffentlichkeit zu nehmen. Wenn sich die Menschen für den Rückzug auf identitätsstiftende Werte entscheiden, verhallen rationale Argumente ungehört.

Doch es ist keine Option, die Hände in den Schoss zu legen: Fachleute müssen sich mit doppeltem Engagement für einen fundierten, vernünftigen Ansatz zur Lösung aktueller Probleme einsetzen. Gehör verschaffen sie sich, wenn sie im Dialog mit der Allgemeinheit die Fallstricke vermeiden, die das Gegenüber zum Widersacher werden lassen: Ungeduld, Bevormundung oder eine Fülle von Zahlen und Fakten.

Sie sollten nicht zögern, wirksame Strategien aus dem Marketing und der Kommunikationswissenschaft zu übernehmen: Überzeugen durch Zuhören, Empathie zeigen und sich rechtzeitig zurücknehmen. Denn in der Soziologie ist seit Langem bekannt: Eine Botschaft kommt nur an, wenn eine Vertrauensperson diese überbringt. Wenn eine Stimmung vorherrscht, die wissenschaftliche Autorität grundsätzlich ablehnt, sind Experten chancenlos. Dann sind Fachleute und Strategien aus der Kommunikation sowie ein durchdachtes Vorgehen gefragt: Zielpublikum analysieren, respektierte Schlüsselfiguren identifizieren und sich auf diese konzentrieren.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leben mit Leib und Seele für ihre Arbeit. Doch diese Leidenschaft kann kontraproduktiv sein, wenn sie die Klinge mit misstrauischen Laien kreuzen. In der akademischen Welt hat Bescheidenheit wenig Platz. Ohne diese Tugend findet sich jedoch kaum ein Zugang zur skeptischen Bevölkerung.

Daniel Saraga, Chefredaktor