Die Oekumenische Kirche Halden in St. Gallen erhielt als erste in der Schweiz eine Photovoltaikanlage. Über die Rolle des Umweltschutzes wird unter den Dächern der Kirche dennoch gestritten. | Foto: Gaetan Bally/Keystone

An mahnenden Verlautbarungen von Kirchenoberen und Forschenden mangelt es nicht. Ob päpstliche Enzyklika oder islamisches Klimasymposium: Ein auf den Menschen zentriertes Weltbild sei mitverantwortlich für die Klimakrise, heisst es. Religionen geben sich vermehrt umweltbewusst und bekennen sich zu Nachhaltigkeit und Verantwortung gegenüber der Natur, zur Bewahrung der Schöpfung. Ob sie aber tatsächlich grüner geworden sind, ist nicht empirisch belegt, wie Forschende an der Universität Basel anhand von 68 qualitativen Befragungen bei religiösen Gemeinschaften nun nachweisen.

Ökologisches Denken aus Glaubensgründen sei nicht überall gleich verbreitet, sagt der Religionssoziologe Fabian Huber: «In bestimmten religiösen Gruppen stehen soziale und wirtschaftliche Fragen über dem Schutz der Natur, und da wird etwa zuerst darauf geschaut, dass es den Armen gut geht.» Die Weltreligionen seien von jeher von unterschiedlichen Strömungen geprägt, sodass sich auch in aktuellen Umweltfragen vielerlei Ansichten und Interessen entgegenstehen. Innerhalb von Religionen und Konfessionen komme es immer wieder zu Gegensätzen und Spannungen, wie ökologische Probleme zu lösen sind – wie etwa der Fleischkonsum, der Einsatz von erneuerbarer Energie oder die Wiederverwendung von Abwässern, die im Islam teilweise umstritten ist. Daneben gibt es fundamentalistische Positionen: Gruppen, die den Klimawandel leugnen, oder freikirchliche Strömungen, die eine Umweltkatastrophe als Strafe Gottes interpretieren.

«In bestimmten religiösen Gruppen stehen soziale und wirtschaftliche Fragen über dem Schutz der Natur.»Fabian Huber

Oft stehe die Gesellschaft einer Beteiligung religiöser Gemeinschaften an Umweltverhandlungen kritisch gegenüber, so Huber, da diese in Sachen Umwelt- und Klimaschutz nicht als kompetent genug betrachtet werden. Mit Kollegen und Kolleginnen der Universität Lausanne will das Forschungsteam die Rolle von Religionsgemeinschaften in der Umweltdebatte nun auch quantitativ untersuchen; befragt werden sollen dafür rund 1500 unterschiedliche religiöse Gemeinschaften in der Schweiz.

J. Köhrsen et al.: How «green» can religions be? Tensions about religious environmentalism. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik (2021)