Wo, wenn nicht hier? Hochschulen sollten der Ort für Widerspruch und Debatten sein – in alle Richtungen. | Foto: Keystone/Peter Klaunzer

Loyalität ist für die Menschen seit Urzeiten überlebenswichtig. Wenn auf jemanden im Notfall kein Verlass ist, stellt diese Person eine Gefahr für die Gemeinschaft dar. Illoyalität kann deshalb schnell zum Ausschluss aus der Gruppe führen – was in der Wildnis meistens tödlich endet. Wir suchen deshalb die Nähe zu Leuten, die unsere Werte teilen, deren Humor wir verstehen, die uns ein Gefühl der Sicherheit geben – wir bleiben gern unter unseresgleichen. Der Umgang mit Andersartigkeit, Multikulti, Diversität ist für uns dagegen Schwerarbeit.

«Forschende müssen aufpassen, dass sie offen für Neues bleiben, und berücksichtigen, dass sie mit Ideen falsch liegen könnten.»

Das gilt auch an Hochschulen. Zwar treffen sich dort Menschen aus der ganzen Welt, es gibt Austauschprogramme für Studierende, und Mobilität ist in einer Forschungskarriere Pflicht. Dies führt aber nicht zu mehr Diversität, sondern dazu, dass sich die Menschen an den Hochschulen weltweit einander angleichen: Man spricht Englisch, pflegt höfliche Umgangsformen, steht politisch eher links und ist tendenziell liberal, glaubt an den Wert von verlässlichem Wissen. Solche gemeinsamen Werte sind für die akademische Kultur wichtig.

Gleichzeitig müssen die Forschenden aber aufpassen, dass sie offen für Neues bleiben, und berücksichtigen, dass sie mit Ideen falsch liegen könnten. Dafür sollten sie den Widerspruch suchen oder andere Perspektiven einnehmen. Das haben wir uns auch bei Horizonte zum Ziel gesetzt. Wir zeigen Wissenschaft in ihrer ganzen Breite: die erstaunlichen Erfolge und die frustrierenden Rückschläge. Wir möchten allen Forschenden eine Plattform bieten, egal mit welchem Hintergrund.

Deswegen widmen wir uns in diesem Fokus der Diversität an den Hochschulen. Wir zeigen, wie unterschiedlich die Forschenden trotzdem sind, was bereits versucht wurde, um mehr verschiedene Blickwinkel zu integrieren, und wie Fördermassnahmen für benachteiligte Gruppen manchmal auch Schaden anrichten können. Damit auch unsere Redaktion offen bleibt: Teilen Sie uns Ihre Perspektive mit und widersprechen Sie uns womöglich sogar.