Direkte Demokratie: Bürgerpflicht in der Schweiz, Wunschtraum für die Populisten Europas.

Populistische Parteien quer durch Europa fordern mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild. Die Menschen, die diese Forderung unterstützen, tun dies allerdings aus unterschiedlichen Gründen, wie eine Studie zeigt. Ein Team von Forschenden um die Politologin Tina Freyburg von der Universität St. Gallen analysierte Umfragedaten aus Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Sie kam in allen vier Ländern zu einem ähnlichen Ergebnis: «Zusammenfassend sehen wir, dass Menschen mit populistischen Einstellungen direkte Demokratie deutlich stärker gutheissen als die übrige Gesellschaft», sagt Freyburg.

In der Studie, an der auch Steffen Mohrenberg von Demoscope und Robert A. Huber von der Universität Salzburg beteiligt waren, wurden die Menschen, die die Elite ablehnen, in zwei Gruppen eingeteilt: eigentliche Populisten und sogenannte «stealth democrats». Im Unterschied zu den Populisten haben die «stealth democrats » keine grossen Erwartungen an das Volk und zeigen eher wenig Interesse an der Politik. Zwar fordern beide Gruppen mehr direkte Mitsprachemöglichkeit. Aber Populisten sehen darin ein Instrument zur Durchsetzung des Volkswillens, «stealth democrats» dagegen primär eine Möglichkeit zur Kontrolle der Eliten in Form von Referenden und Initiativen. «In unserer Studie konnten wir erstmals präzise zwischen den beiden Gruppen unterscheiden und die notwendige konzeptionelle Klarheit schaffen», sagt Freyburg.

Die Forschenden finden es wichtig, dass sich kommende Studien vertieft mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten der beiden Gruppen befassen. Denn bisher, so Freyburg, wurde der Abgrenzung zwischen den «stealth democrats» und den Populisten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

S. Mohrenberg et al.: Love at First Sight? Populism and Direct Democracy. SSRN (2019)