Männer weinen weniger als Frauen – beide aber verunsichern dann ihre Umgebung. | Bild: iStock.com/Enes Evren

Wer emotional handelt, wirkt unglaubwürdig – unabhängig vom Geschlecht. Das zeigt eine Studie des Philosophen und Psychologen Rodrigo Díaz von der Universität Bern und seines Kollegen Manuel Almagro von der Universität Granada. Dass aber Frauen öfter als emotional stereotypisiert und daher weniger glaubwürdig als Männer wahrgenommen werden, konnte die Studie nicht nachweisen.

Rodrigo Díaz erforscht, wieso bestimmte soziale Gruppen diskriminiert werden. «Sexismus ist ein typischer Fall», sagt Díaz. Eine Vermutung aus der Populärpsychologie, wie dieser entsteht, lautet: Menschen nehmen an, dass Frauen emotionaler sind als Männer.

Argumentiert aber jemand emotional, leidet die Glaubwürdigkeit. Daraus folgt: Frauen werden unglaubwürdiger eingestuft als Männer. Diese Aussagen untersuchte Díaz in einem Experiment mit 250 Probandinnen und Probanden aus den USA. Sie erhielten zur Lektüre das Protokoll eines fiktiven Polizeinotrufs. Bei der Hälfte der Versuchsteilnehmenden rief eine Frau bei der Polizei an. Sie vermutete, ihr Mann habe Suizid begangen, weil er bereits seit mehreren Tagen verschwunden war. Bei der anderen Hälfte griff ein Mann aus derselben Sorge um seine Frau zum Telefonhörer. Anschliessend mussten die Testpersonen beurteilen, wie emotional die anrufende Person agierte und wie glaubwürdig ihre Schilderungen waren. Resultat: Egal, ob Frau oder Mann, Emotionalität machte sie unglaubwürdig. Und Emotionalität wurde der anrufenden Frau nicht öfter unterstellt als dem Mann.

Díaz und Almagro haben nur eine Spielart von Sexismus überprüft. «Frauen leiden aber durchaus unter anderen Stereotypisierungen », sagt Díaz. Wann diese zu Sexismus führen, wird Díaz in weiteren Studien untersuchen.

R. Díaz and M. Almagro: You are just being emotional! Testimonial injustice and folk-psychological attributions. Synthese (2019)