Ein gut ausgebautes Glasfasernetz könnte dereinst eine sichere Quantenkommunikation garantieren. | Bild: Keystone/Ti-Press/Carlo Reguzzi

In Zeiten, in denen ein Hackerangriff auf den nächsten folgt, ist abhörsichere Kommunikation wichtig. Genau das ist das Versprechen der Quantenkommunikation. «Diese Technik eignet sich für Banken, grosse Firmen und staatliche Anwendungen, zum Beispiel militärischer Art», sagt Hugo Zbinden von der Universität  Genf. Eben für all jene, denen es extrem auf Geheimhaltung ankommt.

Schweizer Forschende zählen in der Quantenkommunikation zur Weltspitze. In jüngster Zeit sind ihnen vielversprechende Fortschritte bei wichtigen Komponenten gelungen.

Die Technik hat den Vorteil, dass keine neuartigen Kabel nötig sind. Lichtteilchen (Photonen) lassen sich über herkömmliche Glasfaserkabel verschicken. In den Photonen gespeichert sind Codes, sogenannte  Quantenschlüssel. Damit können Nachrichten auf konventionellen Wegen sicher übermittelt werden: die Quantenkryptografie verspricht eine zumindest theoretisch perfekte Sicherheit. Weil aber Photonen von den Glasfasern absorbiert werden, wird das Signal nach wenigen hundert Kilometern unzuverlässig. Grössere Distanzen wollen Forschende darum in Etappen überbrücken. Sogenannte Repeater an den Zwischenstationen sollen die Information stabil fliessen lassen.

Quantenrepeater nutzen eine charakteristische Eigenschaft der Quantenmechanik: Informationsträger können paarweise «verschränkt» sein, zum Beispiel zwei Atome. Selbst wenn verschränkte Informationsträger weit voneinander entfernt sind, reagieren sie auf die gleiche Messung koordiniert. Nun haben sich Forschende  raffinierte Verfahrenstricks einfallen lassen, damit die Repeater die Verschränkung reinigen und somit auffrischen können.

Darüber hinaus benötigt die Quantenübermittlung Lichtspeicher. Denn auch Photonen, die nicht synchron an den Zwischenstationen eintreffen, müssen gemeinsam in die weitere Prozedur einbezogen werden. Die Gruppe von Mikael Afzelius an der Universität Genf entwickelt kristalline Lichtspeicher. Unlängst zeigten die Forschenden, dass angeregte Metallionen der Seltenen Erden das Licht speichern können. Ein Team um Philipp Treutlein an der Universität Basel stellte letzten Herbst einen neuen Lichtspeicher aus gasförmigem Rubidium vor, gesteuert per Laser.

Beide Ansätze, mit Gasen oder Festkörpern, haben ihre Vor- und Nachteile. «Vielleicht eignen sich verschiedene Typen von Lichtspeichern für verschiedene Anwendungen», meint Treutlein. Wichtig sind jedenfalls drei Kriterien: «Die Lichtspeicher sollten hoch effizient sein, eine lange Speicherzeit  gewährleisten und im Idealfall mehrere Quantenbits (Qubits) speichern können», sagt Afzelius.

Experimentatoren tüfteln derzeit an den Lichtspeichern und Quantenrepeatern. Ein komplett funktionierendes System gibt es noch nicht, in fünf bis zehn Jahren hoffe man so weit zu sein. Derweil machen sich Theoretiker wie Michael Zwerger von der Universität Innsbruck schon Gedanken über Verfahren für die Quantenkommunikation der Zukunft – für die Zeit, wenn Prozessoren, Quantenspeicher und Repeater viel höhere Anforderungen erfüllen als heute.

Neues Protokoll schont Ressourcen

Ein Protokoll für einen Quantenrepeater der nächsten oder übernächsten Generation entwickelte Zwerger kürzlich mit Kollegen, als er an der Universität Basel forschte. Solche Repeater müssten mit Hunderten  Qubits umgehen können, dies wäre für ein Quanteninternet der Zukunft notwendig. Bisher nahm die Zahl der Qubits, die für solche Repeater benötigt werden, mit der zu überbrückenden Entfernung zu. Bei Zwergers Repeaterprotokoll hingegen ist die Zahl der benötigen Qubits pro gesendetem Qubit dank verbesserter Verschränkungs-Reinigung von der Entfernung unabhängig. «Langfristig kann das einen Unterschied machen, weil es Ressourcen schont», kommentiert Treutlein. Es seien jedoch noch viele technische Fortschritte  nötig, um Hunderte Qubits auf einmal zu kontrollieren, räumt Zwerger ein.

Der schweizerische Nationale Forschungsschwerpunkt (NFS) «QSIT – Quantenwissenschaften und -technologie», der auch Zwergers Arbeit unterstützte, möchte in den kommenden Jahren echte Quantennetzwerke entwickeln. Die Firma ID Quantique in Genf, die kommerzielle Produkte auf dem noch sehr kleinen Markt der Quantenkommunikation anbietet, hat einen Vorläufer eines Netzwerks getestet. Entsteht in Zukunft eine Art Quanteninternet? «Der Ausdruck tönt gross, aber so weit sind wir noch nicht», meint Zbinden.

Sven Titz ist freier Wissenschaftsjournalist in Berlin.