Bild: Manu Friederich

Heute lädt mich das International Journal of Research on Neuroscience ein, einen Artikel einzureichen, um meine «groundbreaking» Resultate einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen. Open Access selbstverständlich. In den Augen des Editors bin ich ein «esteemed researcher» und «leader in the field», obwohl ich nie in den Neurowissenschaften geforscht habe.

Es ist offensichtlich: Hier handelt es sich um ein «Predatory Journal», das mit einem ausbeuterischen Open-Access-Publikationsmodell, gegen eine Gebühr Artikel veröffentlichen möchte, ohne seriöse Peer Review und redaktionelle Betreuung durch kompetente Herausgeber. Mittlerweile gibt es weltweit ungefähr 8000 derartige missbräuchliche Journale, die pro Jahr über 400 000 Artikel produzieren (BMC Medicine 2015, 13:230). Sie sind nicht nur eine Plage in der Inbox, sondern auch eine Bedrohung der wissenschaftlichen Integrität und des Open-Access-Publikationsmodells, das der SNF und viele andere Geldgeber fördern.

Entgegen der landläufigen Meinung sind diese missbräuchlichen Zeitschriften nicht nur ein Problem in Afrika, China oder Indien. In einer neuen Studie wurden fast 2000 biomedizinische Artikel aus über 200 Predatory Journals untersucht (Nature 2017, 549:23). Etwa ein Viertel der korrespondierenden Autoren stammten aus den USA und anderen westlichen Ländern, und der am häufigsten genannte Geldgeber waren die National Institutes of Health (NIH). Die Studienautoren fordern, dass die Forschungsförderer keine Beiträge für die Veröffentlichung von Artikeln in solchen ausbeuterischen Journalen sprechen sollen und dass die Publikationslisten der Antragssteller frei von räuberischen Veröffentlichungen sein müssen.

«Die Autoren sollen missbräuchliche Zeitschriften erkennen und meiden.»

Ist die Schweiz und der SNF ebenfalls betroffen? Fast sicher ja. Wir werden deshalb unsere eigenen Daten und die öffentlich zugänglichen aus der Nature-Studie dahingehend untersuchen. Der SNF kann und will kontrollieren, aber meines Erachtens liegt die Verantwortung primär bei den Autoren. Sie sollen missbräuchliche Zeitschriften erkennen und meiden. Eine wichtige Ressource ist hier die Website thinkchecksubmit.org, die weniger erfahrenen Forscherinnen und Forschern mit einer Checkliste hilft, geeignete und vertrauenswürdige Zeitschriften für ihre Artikel auszuwählen. Helfen Sie mit, diese Initiative bekannt zu machen: Laden Sie das Poster herunter und hängen Sie es im Kaffeeraum aus.

Matthias Egger ist Präsident des Nationalen Forschungsrats und Epidemiologe an der Universität Bern.