Durch eine Genvariante können rote Blutkörperchen die Form einer Sichel annehmen, wodurch sie unflexibler und fragiler werden. Sie können dadurch feine Blutgefässe verstopfen und dadurch die Sauerstoffversorgung des Gewebes behindern. | Illustration: Science Photo Library / Keystone

Die Methode zur präzisen und einfachen Veränderung des Erbguts von Zellen namens Crispr-Cas wurde 2012 publiziert. Noch bevor Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna dafür den Nobelpreis für Chemie erhielten, wurde die erste Person mit einer Erbkrankheit erfolgreich damit behandelt: Victoria Gray aus Mississippi hat einen Genfehler, der die Form der roten Blutkörperchen verändert. Dadurch fliesst das Blut nicht mehr richtig. Die Sichelzellanämie kann zu starken Schmerzen, Organschäden und einem frühen Tod führen. Dank dem sogenannten Genome Edi­ting geht es der Patientin nun gut.

Und Gray ist nicht die Einzige: Robin Lovell-Badge, Entwicklungsbiologe am Francis Crick Institute in London, schätzt die Zahl der erfolgreich Behandelten gemäss der Financial Times zurzeit auf ungefähr 70. David Liu vom Broad Institute in Cambridge (Massachusetts) geht sogar von über 200 Patienten aus, wie die MIT Technology Review berichtet. Zurzeit laufen unzählige klinische Studien zu Krankheiten wie Krebs, genetische Blindheit, Diabetes und HIV/Aids. Es herrscht Aufbruchstimmung, und allgemein wird erwartet, dass die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA noch dieses Jahr die Therapie gegen Sichelzellanämie zulassen wird. Der Fokus verschiebt sich nun darauf, wie diese teuren Eingriffe möglichst allen Menschen zugänglich gemacht werden können.

«Die Grundlagenforschung im Bereich von vererbbaren Veränderungen sollte fortgesetzt werden.»Organisationskomitee des Summits

Ganz anders bei den vererb­baren Veränderungen von Zellen der Keimbahn. 2018 erklärte Jiankui He, Biophysiker an der Süd-Universität für Wissenschaft und Technik in Shenzhen, dass drei Babys zur Welt gekommen seien, die mit Genome Editing resistent gegen HIV gemacht wurden. Als verantwortungslos wurde der Eingriff von der Forschungs­gemeinschaft eingestuft, und He wurde in China zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Auch das Organisationskomitee des Third International Summit on Human Genome Editing sprach sich im März 2023 klar dagegen aus. Weder die Sicherheit noch die gesellschaftlichen und gesetzlichen Bedingungen dafür seien gegeben. Die Forschung mit Embryonen bleibe aber wichtig: «Die Grundlagenforschung in diesem Bereich sollte fortgesetzt werden.»