Gefangen, mit Fleisch gefüttert, verfettet: Die Dodo-Version oben ganz rechts ist der Urvater der völlig überzeichneten Darstellungen von ihm. | Bild: Oliver Hoop

Eine erstaunlich diverse Doppelparade Dodos zieht hier an uns vorbei. So farbenfroh und fett sich der Raphus cucullatus ganz rechts oben aufplustert, so honigbraun und schmal stolziert sein Vetter zwei Bilder ­weiter links daher. Und doch zeigen sie alle die gleiche, 1690 ausgestorbene Art des ­Taubenvogels aus Mauritius. «Es ist wie beim Spiel Stille Post. Die Fehler sind von Zeichnung zu Zeichnung immer stärker überspitzt worden», erklärt Grafikdesigner Oliver Hoop. Er hat die Dodo-Werke, die ab dem 17. bis ins 19. Jahrhundert entstanden sind, für ein Bachelor-Projekt in künstlerischer Forschung aneinandergereiht.

Dodo-Zeichnung Nummer 2 und 3 in der oberen Reihe stammen immerhin von Originalen mit Lauffreiheit in grossen Menagerien. Als «Urvater» der falschen Darstellungen identi­fiziert Hoop die Variante ganz rechts oben, aus der Feder des niederländischen Malers Roelant Savery. «Laut Quellen hat dieser Dodo in Käfighaltung auf einem Schiff gelebt. Er war wohl krank und hatte eine Fettleber, weil man ihm vermutlich auch Fleisch verfüttert hat.» Die Gestalt sei deformiert. «Man sieht das auch an seinem sehr gekrümmten Hals.»

«Der Fall Dodo zeigt, warum man als wissenschaftlicher Illustrator so penibel sein muss.»Oliver Hoop

Der tollpatschig wirkende Dodo Saverys von 1626 hat unser Bild vom ausgestorbenen flugunfähigen Vogel geprägt. Die Zeichnung ganz links unten ist eine Kopie von ihm und alle rechts davon wiederum Kopien dieser Kopie. «Es scheint, dass jeder Künstler seiner Kreativität freien Lauf gelassen hat», so Hoop, «wahrscheinlich dachten sie: Es gibt schon so viele verschiedene Versionen, jetzt mache ich auch noch meine eigene.» Der Fake von damals, der viral geht.

Für die Forschung sei dieses «wilde Umherkopieren» problematisch. «Deswegen und weil es nur zwei, drei konservierte Modelle gibt, ist der Dodo zu einem Mysterium geworden wie die Dinosaurier.» Der Fall zeige, «warum man als wissenschaftlicher Illustrator so penibel sein muss». Hoop, während des Studiums an der Zürcher Hochschule für Künste als «Dodo-Typ» bekannt, hat sich weiter mit Rekonstruktionen des mauritischen Vogels beschäftigt, mithilfe von KI und 3D-Druckern. Auf dass die Dodo-Parade noch diverser werde!