Loyalität verlangt Gegenleistung: Werden die impliziten Abmachungen gebrochen, reagieren Mitarbeitende oft mit Zynismus. | Foto: iStockphoto/Drazen Zigic

Ein guter Draht zum Vorgesetzten fördert üblicherweise die Leistung der Mitarbeitenden. Doch eine Studie unter Beschäftigten in der Schweiz zeigt nun: Werden schwierige Unternehmensentscheide gefällt, kann ausgerechnet eine hervorragende Beziehung zur Chefin negative Reaktionen verstärken und eine zynische Haltung auslösen.

«Wer sich vom Management sehr geschätzt fühlt, ist umso konsternierter, wenn der Arbeitgeber bestimmte Erwartungen nicht erfüllt», sagt ETH-Psychologe Julian Pfrombeck. Es gehe oft um unausgesprochene Annahmen, etwa hinsichtlich einer erhofften Beförderung. Man spricht vom psychologischen Vertrag, in dem Arbeitnehmende für ihre Loyalität Gegenleistung erwarten. Werden diese impliziten Abmachungen gebrochen, etwa bei Restrukturierungen, ist oft organisationaler Zynismus die Folge: Betroffene beginnen ihrem Arbeitgeber zu misstrauen, bezweifeln seine guten Absichten. Das mindert ihre Zufriedenheit und ihre Leistungsbereitschaft − alle verlieren.

Bei Restrukturierungen beginnen Betroffene ihrem Arbeitgeber oft zu misstrauen, bezweifeln seine guten Absichten.

Je nach Qualität der Beziehungen am Arbeitsplatz sollten diese Prozesse jedoch unterschiedlich stark ausfallen, vermuteten Pfrombeck und sein Team. Sie befragten knapp 800 Angestellte zu erlebten Brüchen des psychologischen Vertrags, zu ihren Reaktionen sowie zu ihrem Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen. Nebst dem erwähnten überraschenden Resultat zeigte sich auch ein zu erwartender Befund: Stimmt die Chemie unter Mitarbeitenden auf der gleichen Hierarchiestufe, entstehen weniger zynische Gefühle. «Es hilft, wenn man seine Enttäuschung im Team aussprechen kann», so Pfrombeck.

Soll man also zwar ein gutes Arbeitsklima fördern, dabei aber die Vorgesetzten ausnehmen? «Im Gegenteil», sagt Pfrombeck, «man muss in Krisensituationen umso mehr in den Dialog investieren. Zynische Reflexe können sogar ein klärendes Gewitter sein, das bei entsprechenden Bemühungen langfristig zu einer besseren Beziehung führt.»

J. Pfrombeck et al.: A study of organizational cynicism and how it is affected by social exchange relationships at work. Journal of Occupational and Organizational Psychology (2020)