Krebserregende Stoffe in der Wurst, 5G-Strahlung von der neuen Antenne – die Gefahren lauern überall. Es ist, als wäre die ganze Welt ein bedrohlicher Ort. Dabei sind manche Ängste gerechtfertigt, andere aber nicht. Bild aussen: 2. stock süd / Nasa / Goddard Space Flight Center / Reto Stöckli; Bild: 1kilo / 2. stock süd

Dichlordiphenyltrichlorethan und α-Phthalimidoglutarimid: Allein die Namen lassen Übles erahnen. Und tatsächlich sind die beiden Moleküle tief gestürzt. Dabei sind sie einst angetreten, uns ein angenehmeres Leben zu ermöglichen.

Das erste, bekannt als DDT, ist ein Insektizid. Es half während des Zweiten Weltkriegs die Übertragung von Malaria und Typhus einzudämmen. Das Molekül ist sowohl preiswert als auch effektiv und kommt ganz ohne das damals oft eingesetzte und bereits als giftig bekannte Arsenat aus. Es brachte dem Schweizer Chemiker Paul Müller, Angestellter bei der Firma Geigy, 1948 den Medizinnobelpreis ein. Schnell wurde DDT auch in der Landwirtschaft beliebt. Doch 1962 machte die US-amerikanische Biologin und Bestsellerautorin Rachel Carson in ihrem Buch «Silent Spring» auf den Rückgang von Vögeln aufmerksam – besonders in Gegenden, in denen viel Insektizide eingesetzt wurden. In den USA und in der Schweiz wurde DDT 1972 schliesslich verboten.

Beim zweiten Molekül handelt es sich um Contergan – ein wirksames Schlaf- und Beruhigungsmittel. Es enthält kein Bromid, das früher für viele psychische Störungen verantwortlich war. Contergan wurde ab 1957 gegen Schwangerschaftsübelkeit eingesetzt. Doch dann stieg plötzlich die Zahl der schweren Missbildungen bei Neugeborenen. Der deutsche Arzt Widukind Lenz erkannte den Zusammenhang mit Contergan, worauf es 1961 in Deutschland vom Markt genommen wurde.

Die Geschichte der beiden Moleküle steht für das Dilemma der Chemie: Sie bringt grosse Fortschritte und grosses Leid zugleich. Zwar werden die Stoffe staatlich reguliert, und trotzdem passieren immer wieder Fehler. Wichtig ist, dass wir daraus die Lehren ziehen. Das Spannungsfeld bleibt jedoch bestehen. So gibt es weiterhin gute Gründe, auf die beiden Moleküle zu setzen: Die WHO empfiehlt DDT zur Bekämpfung von Malaria in Innenräumen, und ein Wirkstoff des Medikaments Contergan wird mittlerweile erfolgreich gegen Lepra, Krebs und andere Krankheiten eingesetzt.