Frische Erinnerungen landen im Hippocampus, ältere verteilen sich im Gehirn. | Bild: Keystone/SPL/Roger Harris

Schlimme Erlebnisse wie ein Unfall oder eine Vergewaltigung hinterlassen tiefe Spuren in der Psyche. Wenn sich die Betroffenen in einer sicheren Umgebung mit ihren Ängsten konfrontieren, kann dies helfen, die schlechten Erinnerungen zu überschreiben. Doch je weiter das Trauma zurückliegt, desto weniger greift eine solche Expositionstherapie.

Um den Langzeiteffekt zu verstehen, versetzten Forschende vom Brain Mind Institute der EPFL Mäusen einen Elektroschock. 30 Tage später – eine lange Zeit für Mäuse – untersuchten sie, welche Hirnregionen bei der Erinnerung aktiviert wurden. Ein Markerprotein zeigte die aktivierten Neuronen.

Im Gegensatz zu frischen Erinnerungen, die nur im Innern des Gehirns lokalisiert sind – im Hippocampus –, fanden die Forschenden bei den vor längerer Zeit geschockten Mäusen zusätzliche Aktivitäten in mehreren Strukturen des Vorderhirns, wie etwa dem prälimbischen Kortex. Durchliefen die Mäuse danach eine Art Expositionstherapie, so waren wiederum dieselben Hirnstrukturen aktiv. «Am Überschreiben alter Gedächtnisspuren sind also viele Orte beteiligt. Es gibt keine einzelne Hirnregion, die allein die Angst ausschaltet», sagt Studienleiter Johannes Gräff. Durch die Verteilung verliert die Expositionstherapie ihre Wirkung.

Das Resultat deckt sich mit Untersuchungen an Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung, bei denen beispielsweise der prälimbische Kortex ebenfalls eine erhöhte Aktivität aufweist. Deshalb hofft Gräff, dass seine Erkenntnisse dazu beitragen, die Traumatherapie zu verbessern: «Wir wollen verstehen, wie schlechte Erinnerungen über lange Zeit abgespeichert werden. Aber noch wichtiger ist es uns, zu verstehen, wie man diese abändern kann.»