DEBATTE
Sollen Kürzungen in der Forschung mit dem Militärbudget kompensiert werden?
Die Gelder für Wissenschaft werden gekürzt, das Budget für die Armee aufgestockt. Könnten Mittel der Armee nun in die Rüstungsforschung gesteckt werden, um die Verluste für die Forschung zu kompensieren? Die Debatte dazu.

Foto: ZVG

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Aktuell steigen die Militärausgaben, und im Bereich der zivilen Forschung und der Innovation wird es zu Sparmassnahmen kommen. Wir sollten in dieser Situation auch die Chancen erkennen und die Gunst der Stunde nutzen. Mit anderen Worten: Ein Teil der neu für das Militär vorgesehenen Mittel sollte dafür eingesetzt werden, die Auswirkungen der geplanten Budgetkürzungen auf die zivile Forschung und Innovation abzufedern.
Dafür sprechen drei Gründe: Erstens hat sich das Modell mit Interaktionen zwischen ziviler und militärischer Forschung international bereits bewährt, mit Vorteilen für beide Seiten. Das beste Beispiel dafür sind die USA, wo während des Kalten Krieges die Ressourcen des Verteidigungsministeriums auch die zivile Forschung und die Innovation wesentlich vorangetrieben haben. Zweitens existiert dieses Modell in der Schweiz eigentlich bereits. Zwischen dem Bundesamt für Rüstung Armasuisse und den Hochschulen bestehen schon zahlreiche Forschungsbeziehungen.
Drittens würde eine Intensivierung dieses Zusammenspiels es möglich machen, dass die Ressourcen, die dem Budget für Bildungs-, Forschungs- und Innovationseinrichtungen abgezogen werden, stattdessen über Programme der Armee an diese Institutionen zurückfliessen. Dies gilt insbesondere für sogenannte Dual-Use-Technologien, also solche mit doppeltem Verwendungszweck – sowohl militärischem als auch zivilem.
Damit ein solches Modell die bestmögliche Wirkung erzielt, müssen die militärischen Behörden ihre Kapazitäten im Forschungsmanagement ausbauen, ganz nach dem Vorbild der USamerikanischen Organisation zur Finanzierung militärischer Forschung Darpa. Heute konzentrieren sie sich in der Schweiz noch zu sehr auf die Beschaffung von Standard-Waffensystemen. Die hiesigen Armeeeinrichtungen müssen zudem mit Innosuisse und dem SNF zusammenarbeiten und auf diese Weise Programme zur Finanzierung entwickeln, die Win-win-Lösungen bringen.
Dominique Foray ist emeritierter Professor für Ökonomie an der EPFL und Mitglied des Schweizerischen Wissenschaftsrats.
Als in Europa die ersten Universitäten gegründet wurden, diente Forschung primär der Legitimation der herrschenden gesellschaftlichen und politischen Ordnungen. Die Aufklärung war noch weit entfernt. Aber die Entwicklung ging rasch voran. Sie wurde beflügelt durch neue Forschungsmethoden und die stetig voranschreitende Emanzipation der Universitäten von den politischen Systemen, in die sei eingebettet waren.
Unterdessen ist erwiesen, dass freie Forschung die wichtigsten Innovationen generiert. Folglich zieht die Gesellschaft den grössten Nutzen aus der Wissenschaft, wenn sie diese ihren eigenen Weg gehen lässt. Damit wird der Anspruch der Bevölkerung auf einen Return on Investment keineswegs negiert. Ganz im Gegenteil: Die Unabhängigkeit beider Systeme – der Forschung und der Politik – garantiert den grössten gegenseitigen Nutzen.
In Zeiten politischer Krisen gerät aber auch Selbstverständliches in Bedrängnis. So geistert heute die Idee herum, das wachsende Militärbudget könnte dafür genutzt werden, um die durch das sinkende Forschungsbudget entstehenden Lücken aufzufüllen. Abgesehen davon, dass wohl nur wenige Disziplinen zu den Nutzniesserinnen gehören würden, stellt dieses Ansinnen ein elementares forschungsethisches Prinzip infrage: Forschung soll kein vermeidbares Leid verursachen.
So verbietet die Universität Basel jegliche Forschung, die in Zusammenhang mit Waffen steht. Vorhaben, die sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken dienen, unterstehen einer Genehmigungspflicht. Dabei wird auch gewährleistet, dass Forschung mit primär zivilen Verwendungszwecken nicht wegen allfälliger militärischer Spin-offs verhindert wird. Dafür müssen die Verantwortlichen Vorkehrungen treffen, wozu etwa die offene Zugänglichkeit der Ergebnisse gehört – sowohl militärischer als auch ziviler.
Damit wird sichergestellt, dass die Universität der freien Forschung verpflichtet bleibt. Es ist zu hoffen, dass dies trotz Spardruck auch in Zukunft und auch an den Eidgenössischen Technischen Hochschulen der Fall sein wird.
Laurent Goetschel ist Professor für Politikwissenschaften an der Universität Basel und Direktor der Stiftung Swisspeace.

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Aktuell steigen die Militärausgaben, und im Bereich der zivilen Forschung und der Innovation wird es zu Sparmassnahmen kommen. Wir sollten in dieser Situation auch die Chancen erkennen und die Gunst der Stunde nutzen. Mit anderen Worten: Ein Teil der neu für das Militär vorgesehenen Mittel sollte dafür eingesetzt werden, die Auswirkungen der geplanten Budgetkürzungen auf die zivile Forschung und Innovation abzufedern.
Dafür sprechen drei Gründe: Erstens hat sich das Modell mit Interaktionen zwischen ziviler und militärischer Forschung international bereits bewährt, mit Vorteilen für beide Seiten. Das beste Beispiel dafür sind die USA, wo während des Kalten Krieges die Ressourcen des Verteidigungsministeriums auch die zivile Forschung und die Innovation wesentlich vorangetrieben haben. Zweitens existiert dieses Modell in der Schweiz eigentlich bereits. Zwischen dem Bundesamt für Rüstung Armasuisse und den Hochschulen bestehen schon zahlreiche Forschungsbeziehungen.
Drittens würde eine Intensivierung dieses Zusammenspiels es möglich machen, dass die Ressourcen, die dem Budget für Bildungs-, Forschungs- und Innovationseinrichtungen abgezogen werden, stattdessen über Programme der Armee an diese Institutionen zurückfliessen. Dies gilt insbesondere für sogenannte Dual-Use-Technologien, also solche mit doppeltem Verwendungszweck – sowohl militärischem als auch zivilem.
Damit ein solches Modell die bestmögliche Wirkung erzielt, müssen die militärischen Behörden ihre Kapazitäten im Forschungsmanagement ausbauen, ganz nach dem Vorbild der USamerikanischen Organisation zur Finanzierung militärischer Forschung Darpa. Heute konzentrieren sie sich in der Schweiz noch zu sehr auf die Beschaffung von Standard-Waffensystemen. Die hiesigen Armeeeinrichtungen müssen zudem mit Innosuisse und dem SNF zusammenarbeiten und auf diese Weise Programme zur Finanzierung entwickeln, die Win-win-Lösungen bringen.
Dominique Foray ist emeritierter Professor für Ökonomie an der EPFL und Mitglied des Schweizerischen Wissenschaftsrats.

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Als in Europa die ersten Universitäten gegründet wurden, diente Forschung primär der Legitimation der herrschenden gesellschaftlichen und politischen Ordnungen. Die Aufklärung war noch weit entfernt. Aber die Entwicklung ging rasch voran. Sie wurde beflügelt durch neue Forschungsmethoden und die stetig voranschreitende Emanzipation der Universitäten von den politischen Systemen, in die sei eingebettet waren.
Unterdessen ist erwiesen, dass freie Forschung die wichtigsten Innovationen generiert. Folglich zieht die Gesellschaft den grössten Nutzen aus der Wissenschaft, wenn sie diese ihren eigenen Weg gehen lässt. Damit wird der Anspruch der Bevölkerung auf einen Return on Investment keineswegs negiert. Ganz im Gegenteil: Die Unabhängigkeit beider Systeme – der Forschung und der Politik – garantiert den grössten gegenseitigen Nutzen.
In Zeiten politischer Krisen gerät aber auch Selbstverständliches in Bedrängnis. So geistert heute die Idee herum, das wachsende Militärbudget könnte dafür genutzt werden, um die durch das sinkende Forschungsbudget entstehenden Lücken aufzufüllen. Abgesehen davon, dass wohl nur wenige Disziplinen zu den Nutzniesserinnen gehören würden, stellt dieses Ansinnen ein elementares forschungsethisches Prinzip infrage: Forschung soll kein vermeidbares Leid verursachen.
So verbietet die Universität Basel jegliche Forschung, die in Zusammenhang mit Waffen steht. Vorhaben, die sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken dienen, unterstehen einer Genehmigungspflicht. Dabei wird auch gewährleistet, dass Forschung mit primär zivilen Verwendungszwecken nicht wegen allfälliger militärischer Spin-offs verhindert wird. Dafür müssen die Verantwortlichen Vorkehrungen treffen, wozu etwa die offene Zugänglichkeit der Ergebnisse gehört – sowohl militärischer als auch ziviler.
Damit wird sichergestellt, dass die Universität der freien Forschung verpflichtet bleibt. Es ist zu hoffen, dass dies trotz Spardruck auch in Zukunft und auch an den Eidgenössischen Technischen Hochschulen der Fall sein wird.
Laurent Goetschel ist Professor für Politikwissenschaften an der Universität Basel und Direktor der Stiftung Swisspeace.
