Kolumne
Ohne Diversität keine Exzellenz
Der Widerstand gegen die Kürzungen in der US-Wissenschaft ist nicht nur politisch, sondern auch epistemisch. Denn es geht um Grundprinzipien wirkungsvoller Forschung, findet Laura Bernardi, Vizepräsidentin des Nationalen Forschungsrats des SNF.

Laura Bernardi, Vizepräsidentin des Nationalen Forschungsrats des SNF. | Foto: Université de Lausanne
Angesichts des beunruhigenden neuen politischen Windes, der durch die akademische Landschaft weht, gerät die Vielfalt in der wissenschaftlichen Exzellenz einmal mehr unter Druck. Seit März 2025 kürzt die US-Regierung Geld und Personal in Forschungsbereichen, die sie für politisch hält – von geschlechtsspezifischer Gewalt über Klimawissenschaft bis zur Impfstoffforschung.
Eine mir bekannte, angesehene Soziologieprofessorin, die auf beiden Seiten des Atlantiks lehrt, schreibt mir, dass sie und ihr Umfeld in den USA «fassungslos, wütend und besorgt» seien und «für den Widerstand spenden oder aktiv dafür arbeiten» würden. Forschende können sich mit Wissenschaft zur Wehr setzen, indem sie den wertvollen Beitrag der betroffenen Disziplinen kommunizieren: öffentliche Gesundheit, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Sicherheit.
Der Widerstand ist nicht nur politisch, sondern auch epistemisch. Er verteidigt das Grundprinzip, wonach fundierte, wirkungsvolle Forschung intellektuelle Freiheit und Pluralismus benötigt – nicht ideologischen Zwang. Dass die globale Wissenschaftsmacht USA nun Diversitätsforschung marginalisiert und sich damit Ländern wie Ungarn anschliesst, das 2019 Masterstudiengänge im Bereich Gender Studies verbot, ist alarmierend. Unerwartet kommt es leider nicht.
Ungewiss ist nicht nur, wer wissenschaftliche Fragen stellen darf, sondern welche überhaupt noch gestellt werden dürfen. Vielfalt in der Wissenschaft – bezüglich Themen, Methoden, Perspektiven und Menschen – ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit. Wissen nährt sich aus dem Wechselspiel zwischen Disziplin und Disruption, zwischen analytischer Präzision und Offenheit für Komplexität. Forschung, die als Reaktion auf politischen Druck eingeebnet wird, ist keine mehr.
Ob durch Entziehen der Fördergelder für bestimmte Disziplinen, das Totschweigen kontroverser Themen oder das Aushebeln inklusiver Anstellungs- und Evaluationsverfahren: Angriffe auf die Vielfalt der Forschung sind immer auch Angriffe auf deren Qualität. Beim Schweizerischen Nationalfonds setzen wir uns für die Verteidigung dieses Grundsatzes ein: Exzellenz, wie wir sie verstehen, ist untrennbar mit Vielfalt verknüpft.
Unser Auftrag ist klar: Unterstützung herausragender Forschung in allen Disziplinen – mit Integrität, Kompetenz und unerschütterlichem Vertrauen in den wissenschaftlichen Prozess. Die willkürliche Einschränkung der Vielfalt führt zu einer Zukunft mit selektivem Wissen. Wir entscheiden uns für inklusive Exzellenz.