Schwarze Farbe und schwarze Löcher sind zwar nicht nichts, aber beide verschlucken alles, sogar das Licht. | Foto: Cortis & Sonderegger

Als wir in der Redaktion erzählten, dass unser nächstes Fokus-Thema «Nichts» ist, haben viele sofort per Gegenwitz geraten: «Ihr könnt die Titelseite ja einfach leer lassen.» Hahaha! Und doch, wir haben die Idee ernsthaft geprüft. Schnell gab es aber Fragen: Soll das Nichts weiss oder schwarz dargestellt werden? Weiss würde bedeuten: keine Druckfarbe. Schwarz dagegen würde für die Abwesenheit von Licht stehen. Wenn die Pigmente fehlen, ist das Licht da, und umgekehrt.

Das Problem mag spitzfindig scheinen, doch je länger ich darüber nachdenke, was Nichts eigentlich genau sein soll, desto mehr Dimensionen eröffnen sich. So verstand ich zuerst nicht, was der kurze Text von Kafka und die Installation der Künstlerin Florence Jung mit dem Nichts zu tun haben sollen. Zwei Forschende haben mir dann neue Aspekte des Nichts zugänglich gemacht. Beim Interview zur existenziellen Psychotherapie wurde mir klar, dass die Angst vor Langeweile, Verlust und Tod auch mit Abneigung gegenüber Leere zu tun hat. Ich liebe es, den Beobachtungen und Theorien der Physik zu folgen, gemäss denen das Vakuum nicht einfach ein luftleerer Raum ist. In den Tiefen des Weltalls soll auch die bis heute unentdeckte dunkle Materie existieren. Und selbst im besten vorstellbaren Vakuum müssen gemäss Theorie noch virtuelle Teilchen herumschwirren und eine Energie besitzen, die, so lernte ich, zum grössten Fehler der Physik führt.

«Wissenschaft verharrt nicht bei dem, was sie kennt und kann, sondern geht einen Schritt weiter.»

Über die Grenzen des Universums und einen Platz für das Nichts nachzudenken, führt in logische Sackgassen. Genau dort befindet sich das Heimterrain der Wissenschaft: Sie verharrt nicht bei dem, was sie kennt und kann, sondern geht einen Schritt weiter und fragt: «Was wäre, wenn es nicht so wäre?» Die Paradoxien, die zum Vorschein kommen, führen oft zu Höchstleistungen und unerwarteten Entdeckungen: von der Selbsterkenntnis bis zu neuen Technologien. Auf unserer Titelseite haben wir uns dann übrigens für Schwarz entschieden: In Form eines Lochs öffnet es eine virtuelle Dimension jenseits von Raum und Papier.