Bild: Manu Friederich (Fotomontage)

Jasagt der Wirtschaftswissenschaftler Dominique Foray von der EPFL.

Fritz Machlup, einer der grossen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, hatte recht: «Es war ein Wahnsinn, das Patentsystem zu erfinden, doch jetzt, wo es existiert, wäre es der noch grössere Wahnsinn, es wieder abzuschaffen.» Die aktuelle Situation hat viele Schwächen und wird oftmals missbraucht. Patente umreissen das relevante geistige Eigentum häufig zu wenig genau, was rechtlichen Konflikten Tür und Tor öffnet. Ausserdem werden Patente nicht selten als strategische Waffe eingesetzt. Grosse Konzerne bauen gigantische Patent-Portfolios auf, die nicht in erster Linie von ihrer Innovationskraft zeugen, sondern dazu dienen, Konkurrenten zu blockieren. Schliesslich können Patente erteilt werden, denen nicht eigentlich eine Innovation – oder zumindest Kreativität – zugrunde liegt. Im Zeitalter der Zusammenarbeit scheint das Patent, das Beiträge zwangsläufig Einzelnen zuschreibt, nicht mehr zeitgemäss.

Patente haben naturgemäss einen gemischten Effekt auf Innovation und Wettbewerb. Einerseits ermöglichen es Patente einem Erfinder, von einer gewissen Exklusivität zu profitieren und zusätzliche Erträge zu erwirtschaften. Das Patent fördert im Allgemeinen auch den Wettbewerb. Es bietet neuen Unternehmen immaterielle Vermögenswerte, dank derer sie externe Finanzierungen erhalten, die ihnen den Markteintritt ermöglichen. Andererseits können Patente nachfolgende Erfindungen bremsen oder sogar verhindern, wenn das patentierte Wissen nicht frei kombiniert werden kann, um neue Lösungen hervorzubringen. Ausserdem schaffen Patente eine Form des Monopols, was den Wettbewerb natürlich hemmt. Das fast automatische Ergebnis besteht in höheren Preisen für innovative Produkte wie Medikamente und einer entsprechend geringeren Konsumentenrente.

«Open Innovation und geistiges Eigentum schliessen sich nicht aus.»

Weshalb bin ich trotzdem der Ansicht, dass der Effekt von Patenten insgesamt positiv ist? Erstens bedeutet die Anhebung der Patentgebühren in Europa und den USA eine gesunde Entwicklung. Höhere Gebühren widerspiegeln die sozialen Kosten besser, die durch die Privatisierung eines öffentlichen Gutes (Wissen) entstehen. Und sie dämmen die Patentflut ein, was die Qualität fördert.

Zweitens sehen wir keinen Widerspruch zwischen Open Innovation und geistigem Eigentum. Wir haben festgestellt, dass eine sorgfältige Verwaltung des geistigen Eigentums durch Unternehmen ein wichtiges Instrument der Open Innovation ist. Der Aufstieg dieser Open Innovation ging deshalb mit einem Wachstum im Markt für Technologie einher.

Das Patent bleibt ein wichtiges Instrument wegen seiner wirtschaftlichen Funktion. Es belohnt nicht nur den Erfindergeist, sondern schafft auch ein sicheres wirtschaftliches Umfeld für Investitionen, die Ideen Realität werden lassen. Dieses «E» in «Forschung und Entwicklung» ist kostspielig. Besonders wichtig sind Patente für Start-ups, die auf externe Finanzierungen angewiesen sind, oder für Erfindungen, die eine Firma für den Schritt der Vermarktung an ein anderes Unternehmen weitergibt. Patente sind somit wirtschaftlich wichtig, weil sie die Investoren schützen – jedoch nicht in jedem Fall auch die Erfinder. Dieses Argument einer gewissen wirtschaftlichen Sicherheit für Investoren rechtfertigt allerdings auf keinen Fall eine Ausdehnung der Patentierbarkeit auf wissenschaftliche Entwicklungen und Grundlagenwissen.

Dominique Foray ist Professor für Ökonomie und Innovationsmanagement an der EPFL in Lausanne.

Bild: Manu Friederich

Neinsagt der Pflanzengenetiker Ueli Grossniklaus von der Universität Zürich.

Start-ups und kleine Firmen sind besonders innovativ. Ihre Gründung basiert oft auf öffentlich finanzierter Grundlagenforschung. Und gerade in den Ingenieurswissenschaften und im biomedizinischen Bereich auf Patenten. Ohne Patente lässt sich heute das Risikokapital zum Aufbau eines Jungunternehmens kaum beschaffen. Die Konsequenz ist, dass der Alltag von innovativen Firmen und zunehmend auch von Forschenden von Fragen zu Patenten, Lizenzen und Gerichtsverfahren um geistiges Eigentum geprägt ist.

Zumindest in meinem Gebiet, der Agro-Biotechnologie, haben sich Patente als Stolpersteine für innovative Entwicklungen herausgestellt. In den 1980er- und 90er-Jahren wurden sehr breite Patente für Schlüsseltechnologien vergeben. So gab es Patente, die alle Varietäten einer Kulturpflanze abdeckten. Andere Patente galten für allgemeine Methoden zur gentechnischen Veränderung von Pflanzen, ohne zu berücksichtigen, welche Nutzpflanzen oder Gene verändert wurden. In der Folge mussten sich zum Beispiel die Entwickler des «Golden Rice» an der ETH Zürich und der Universität Freiburg im Breisgau mit mindestens 46 Patenten beschäftigen. Im «Golden Rice» ist eine Vorstufe des Vitamins A angereichert.

Patente auf Grundnahrungsmitteln erachte ich grundsätzlich als problematisch. Die Patentierung verschiedenster Grundlagentechnologien bremste aber auch die Entwicklung der Gentechnologie. Einerseits konnten sich Start-up-Firmen die notwendigen Lizenzen nicht leisten, während grosse Firmen Lizenzen austauschten. Andererseits trug der Schutz von gentechnisch veränderten Pflanzen durch Patente dazu bei, dass sie anders reguliert wurden als Kulturpflanzen mit klassischem Sortenschutz. Gentechnisch veränderte Pflanzen aufs Feld zu bringen wurde damit enorm teuer. Patente förderten so die Konsolidierung im Agrochemie- und Saatgutbereich.

«Patente haben sich als Stolpersteine für innovative Entwicklungen erwiesen.»

Heute beherrschen wenige Megaunternehmen den globalen Markt. Diese Konzentration ist für Bäuerinnen und Bauern und für Konsumierende schlecht und birgt Gefahren für die globale Nahrungssicherheit. Auch ist das Innovationspotenzial solch riesiger Firmen anerkanntermassen kleiner als das von Jungunternehmen.

Wie in der Agro-Biotechnologie behindern wohl auch in anderen Gebieten Patente immer wieder Innovationen. Ich denke, wir sollten neue Modelle ausprobieren, die sich etwa an der «Open Source»-Bewegung im Computerbereich orientieren. In diesem Sinne funktioniert die Initiative unter dem Namen Biological Innovation for Open Society, kurz BiOS. Damit soll die Entwicklung und Verbreitung innovativer Ideen im Biotechnologiesektor gefördert werden. Leider konnte sich der Ansatz bisher nicht durchsetzen. Ich hoffe sehr, dass es künftig valable Alternativen zum Patentieren geben wird. Bis dahin bleiben Patente für Forschende im öffentlichen Bereich ein notwendiges Übel. Nur so können sie mitbestimmen, wie, von wem und unter welchen Bedingungen ihre Erkenntnisse genutzt werden.

Ueli Grossniklaus ist Professor für die Entwicklungsbiologie der Pflanzen an der Universität Zürich. Er ist Mitglied des Leitenden Ausschusses des Plant Science Center und des Forums Genforschung der Akademie der Naturwissenschaften.