Die Viren, die auf diesem elektronenmikroskpischen Bild dunkelrot eingefärbt sind, injizieren ihre DNA mit einem Schwanz in die viel grössere gelbe Bakterie. | Foto: Science Photo Library / Keystone

Bereits 2008 testeten die Laborroboter Adam und Eve neue Wirkstoffe in Hefezellen, werteten die Resultate aus und entschieden eigenständig, welcher Stoff als Nächstes ausprobiert werden soll. Nun möchte Google ein Level aufsteigen und Hypothesen für beliebige Forschungsfragen generieren. Die Firma kündigte im Frühjahr 2025 ihr entsprechendes neues KI-System Co-Scientist an. Als Testfall schnappte sich die Firma eine alte Forschungsfrage zu Viren, die Bakterien infizieren: Normalerweise haben diese Viren einen Schwanz, mit dem sie ihre DNA injizieren. Doch gewisse Viren schaffen das auch ohne Schwanz. Wie sie das machen, war bis vor Kurzem unbekannt.

«Die Haupthypothese der KI spiegelte exakt unsere Resultate.»Tiago Dias da Costa

Forscher Tiago Dias da Costa vom Imperial College London hatte das Rätsel, kurz bevor Co-Scientist damit beauftragt wurde, gelöst. Er zeigte sich gegenüber BBC begeistert von der Arbeit der KI. «Wir waren überrascht, denn ihre Haupthypothese spiegelte exakt unsere experimentellen Resultate, an denen wir mehrere Jahre gearbeitet hatten.» Die Ergebnisse seiner Studie, nach denen die Viren die Schwänze anderer Viren nutzen, war wegen eines laufenden Patentantrags bis zum Publikationszeitpunkt zurückgehalten worden. Co-Scientist hatte also nichts davon wissen können.

Das Co-Scientist-System besteht aus mehreren Sprachmodellen, die miteinander interagieren und auf unterschiedliche Aufgaben spezialisiert sind, etwa auf das Generieren und Begutachten von Ideen oder das Erstellen einer Rangliste. Die Modelle hatten lediglich Dias da Costas Frage, Einführung und Referenzliste erhalten. Maria Liakata, Professorin für natürliche Sprachverarbeitung in London, überraschte es nicht, dass KI bekannte Informationen zu neuen zusammenbringen kann. Sie mahnte aber zu Zurückhaltung. Die Google-Studie sei eher eine Schaustudie mit wenig technischen Informationen. «Da das System ressourcenintensiv ist, werden Forschende mit Google zusammenarbeiten müssen, um es anwenden zu können.»