«Unsere Labore arbeiten sehr eng zusammen.» | Foto: Anne Gabriel Jürgens

Maximal flexibel dank der Beziehung: Sie vertreten einander im Labor und bei den Kindern.
Barbara Treutlein (39)
Gray Camp (39)
Professorin für quantitative Entwicklungsbiologie an der ETH Zürich, Campus Basel.
Assistenzprofessor für Augenmedizin an der Universität Basel.
«Mein Partner und ich forschen im selben Bereich. In unseren Laboren untersuchen wir menschliche Stammzellen, die wir aus Hautzellen generieren. Wir versuchen zu verstehen, wie sich Stammzellen in so viele verschieden Zelltypen umwandeln können und auch wie Krankheiten entstehen.

Unsere Labore arbeiten sehr eng zusammen: Wir haben gemeinsame Projekte, Mitarbeitende, die wir gemeinsam betreuen, und führen gemeinsame Anlässe durch. So können wir uns gegenseitig unterstützen und auch füreinander einspringen. Wir dürfen aber nicht zusammen im selben Doktoratskomitee für eine Studentin sitzen – wir wären nicht unabhängig. Kennengelernt haben wir uns während eines dreiwöchigen Sommerkurses als Studierende im Cold Spring Harbor Laboratory auf Long Island, New York. Danach führten wir während zweier Jahre eine Fernbeziehung. Schliesslich waren wir beide Postdocs an der Universität Stanford (USA). Auf diesem Level war es noch einfacher, als akademisches Paar eine Anstellung am selben Ort zu finden. Gegen Ende dieser Zeit wurde ich schwanger.

Ich wollte unsere Kinder in Europa grossziehen. Wir hatten das Glück, dass wir beide unabhängig voneinander in Basel eine Anstellung fanden. Inzwischen haben wir drei Kinder. Am Morgen sind sie in der Krippe, und am Nachmittag haben wir ein Kindermädchen. Ohne diese Unterstützung könnte ich meinen Job nicht machen. In meinem Labor arbeiten 25 Leute. Da muss ich präsent sein.»

«Aus beruflicher Sicht ergänzen wir uns sehr gut, weil wir unterschiedliche Ausbildungen haben. Wir hatten grosses Glück, dass wir eine Stadt mit zwei Hochschulen gefunden haben, in denen wir auf unserem Level arbeiten können. Es ist schwierig, zwei Stellen an derselben Universität zu finden, und ein Glück, dass Basel über zukunftsorientierte Institutionen verfügt.

Unser Setting bringt auch Vorteile für das Familienleben. Manchmal kann einer von uns zu Hause bleiben, während die andere das Labor führt. Am Abend, wenn die Kinder im Bett sind, sitzen wir zusammen und arbeiten gemeinsam an Projekten. Das funktioniert nur, weil wir im selben Gebiet tätig sind und auch gern zusammenarbeiten. Das macht uns sehr flexibel.

Unsere Forschung schwappt auch auf die Erziehung unserer Kinder über. Wir haben zum Beispiel ein kleines Labor zu Hause und führen mit ihnen einfache Experimente mit Schleimpilzen und anderen lustigen Dingen durch. Manchmal haben die Kinder Fragen, die wiederum unsere Forschung beeinflussen. Wir sollten sie eigentlich in die Danksagung der nächsten Publikation aufnehmen.

Aber wir sind schon sehr eingespannt. Darum brachte der Lockdown aus familiärer Sicht auch Vorteile. Wir konnten sehr viel Zeit mit den Kindern verbringen, was ansonsten nicht funktioniert hätte. Das war eine sehr reiche Erfahrung für mich. Die zwei älteren Jungs, sieben und vier Jahre alt, wurden in dieser Zeit auch beste Freunde.»

Maximal flexibel dank der Beziehung: Sie vertreten einander im Labor und bei den Kindern.
Barbara Treutlein (39)
Professorin für quantitative Entwicklungsbiologie an der ETH Zürich, Campus Basel.
«Mein Partner und ich forschen im selben Bereich. In unseren Laboren untersuchen wir menschliche Stammzellen, die wir aus Hautzellen generieren. Wir versuchen zu verstehen, wie sich Stammzellen in so viele verschieden Zelltypen umwandeln können und auch wie Krankheiten entstehen.

Unsere Labore arbeiten sehr eng zusammen: Wir haben gemeinsame Projekte, Mitarbeitende, die wir gemeinsam betreuen, und führen gemeinsame Anlässe durch. So können wir uns gegenseitig unterstützen und auch füreinander einspringen. Wir dürfen aber nicht zusammen im selben Doktoratskomitee für eine Studentin sitzen – wir wären nicht unabhängig. Kennengelernt haben wir uns während eines dreiwöchigen Sommerkurses als Studierende im Cold Spring Harbor Laboratory auf Long Island, New York. Danach führten wir während zweier Jahre eine Fernbeziehung. Schliesslich waren wir beide Postdocs an der Universität Stanford (USA). Auf diesem Level war es noch einfacher, als akademisches Paar eine Anstellung am selben Ort zu finden. Gegen Ende dieser Zeit wurde ich schwanger.

Ich wollte unsere Kinder in Europa grossziehen. Wir hatten das Glück, dass wir beide unabhängig voneinander in Basel eine Anstellung fanden. Inzwischen haben wir drei Kinder. Am Morgen sind sie in der Krippe, und am Nachmittag haben wir ein Kindermädchen. Ohne diese Unterstützung könnte ich meinen Job nicht machen. In meinem Labor arbeiten 25 Leute. Da muss ich präsent sein.»

Gray Camp (39)
Assistenzprofessor für Augenmedizin an der Universität Basel.
«Aus beruflicher Sicht ergänzen wir uns sehr gut, weil wir unterschiedliche Ausbildungen haben. Wir hatten grosses Glück, dass wir eine Stadt mit zwei Hochschulen gefunden haben, in denen wir auf unserem Level arbeiten können. Es ist schwierig, zwei Stellen an derselben Universität zu finden, und ein Glück, dass Basel über zukunftsorientierte Institutionen verfügt.

Unser Setting bringt auch Vorteile für das Familienleben. Manchmal kann einer von uns zu Hause bleiben, während die andere das Labor führt. Am Abend, wenn die Kinder im Bett sind, sitzen wir zusammen und arbeiten gemeinsam an Projekten. Das funktioniert nur, weil wir im selben Gebiet tätig sind und auch gern zusammenarbeiten. Das macht uns sehr flexibel.

Unsere Forschung schwappt auch auf die Erziehung unserer Kinder über. Wir haben zum Beispiel ein kleines Labor zu Hause und führen mit ihnen einfache Experimente mit Schleimpilzen und anderen lustigen Dingen durch. Manchmal haben die Kinder Fragen, die wiederum unsere Forschung beeinflussen. Wir sollten sie eigentlich in die Danksagung der nächsten Publikation aufnehmen.

Aber wir sind schon sehr eingespannt. Darum brachte der Lockdown aus familiärer Sicht auch Vorteile. Wir konnten sehr viel Zeit mit den Kindern verbringen, was ansonsten nicht funktioniert hätte. Das war eine sehr reiche Erfahrung für mich. Die zwei älteren Jungs, sieben und vier Jahre alt, wurden in dieser Zeit auch beste Freunde.»

«Wir haben auch viel Verständnis für die beruflichen Verpflichtungen des andern.» | Foto: Anne Gabriel Jürgens

Keine Konkurrenz: Er ist ihr Chef, sie lehrt ihn, wie man Forschung kommuniziert.
Hugues Abriel (56)
Patricia Teixidor (52)
Professor für Molekularmedizin an der Universität Bern.
wissenschaftliche Mitarbeiterin im gleichen Labor an der Universität Bern.
«Patricia und ich lernten uns während unserer Dissertationen an der University of California in Davis kennen. Danach gingen wir beide unseren eigenen Weg, gründeten eine Familie. Über LinkedIn kamen wir 2016 wieder in Kontakt. Patricia zog dann mit ihrer Tochter Greta zu mir nach Lausanne. Ich habe mir überlegt, nach Spanien zu gehen, die beruflichen Möglichkeiten waren aber nicht so interessant wie hier an der Universität Bern.

Mit erwachsenen Kindern und einer etablierten Karriere stehen wir nicht vor denselben Herausforderungen wie junge Paare in der Forschung. Die Organisation im Alltag ist für uns relativ einfach, und für die wissenschaftliche Arbeit sehen wir in unserer Beziehung vor allem Synergien. Seit Patricia die Publikationen meiner Gruppe redigiert, ist mir bewusst geworden, dass es wichtig ist, wie man Forschungsergebnisse kommuniziert.

Ein weiteres Beispiel: Patricia übersetzt derzeit ein Buch über Geschlechter- und Genderdiversität. Einige Passagen sind sehr medizinisch oder basieren auf komplexen genetischen Konzepten, da kann ich sie mit meinem Fachwissen unterstützen. Dass wir uns beruflich gut ergänzen, bereichert unsere Paarbeziehung. Wissenschaft ist bei uns täglich ein Thema. Das fällt uns leicht, weil wir dieselbe Sprache sprechen: die Sprache der Wissenschaft.»

«Ich habe an der Universität St. Andrews in Schottland Primatologie studiert. Mein Spezialgebiet war die vokale Kommunikation bei Affen. Nachher habe ich mich in Richtung Wissenschaftsjournalismus orientiert. Seit meinem Umzug in die Schweiz 2016 bin ich vermehrt in der Wissenschaftskommunikation tätig, mit Podcasts und Videos.

Meine Haupttätigkeit ist jedoch die Redaktion wissenschaftlicher Artikel für die Universität Bern. Wenn ich Texte redigiere, profitiere ich vom spezifischen Fachwissen von Hugues. In unserem täglichen Leben als Paar sind wir neugierig, wollen Neues lernen, auch in unserer Freizeit: Forschende eben!

Angenehm ist, dass es zwischen uns keine Konkurrenz gibt. Ein weiterer Punkt: Ich erlebe es positiv, dass er mein Vorgesetzter ist. Er ist zwar anspruchsvoll, aber immer respektvoll. Ich hatte schon wesentlich schlimmere Chefs als ihn.

Wir haben auch viel Verständnis für die beruflichen Verpflichtungen des andern. Ich arbeite zum Beispiel oft am Wochenende, und er achtet darauf, dass ich genügend Platz und Ruhe in der Wohnung habe. Als er mir sagte, er wolle ein einjähriges Sabbatical einlegen, habe ich ihn ebenfalls unterstützt. Ich gebe zu, dass ich zuerst Panik hatte, denn das bedeutete für mich, zehn Monate lang allein in der Schweiz zu sein. Doch ich wusste, dass diese Erfahrung für seine Karriere wichtig war.»

Keine Konkurrenz: Er ist ihr Chef, sie lehrt ihn, wie man Forschung kommuniziert.
Hugues Abriel (56)
Professor für Molekularmedizin an der Universität Bern.
«Patricia und ich lernten uns während unserer Dissertationen an der University of California in Davis kennen. Danach gingen wir beide unseren eigenen Weg, gründeten eine Familie. Über LinkedIn kamen wir 2016 wieder in Kontakt. Patricia zog dann mit ihrer Tochter Greta zu mir nach Lausanne. Ich habe mir überlegt, nach Spanien zu gehen, die beruflichen Möglichkeiten waren aber nicht so interessant wie hier an der Universität Bern.

Mit erwachsenen Kindern und einer etablierten Karriere stehen wir nicht vor denselben Herausforderungen wie junge Paare in der Forschung. Die Organisation im Alltag ist für uns relativ einfach, und für die wissenschaftliche Arbeit sehen wir in unserer Beziehung vor allem Synergien. Seit Patricia die Publikationen meiner Gruppe redigiert, ist mir bewusst geworden, dass es wichtig ist, wie man Forschungsergebnisse kommuniziert.

Ein weiteres Beispiel: Patricia übersetzt derzeit ein Buch über Geschlechter- und Genderdiversität. Einige Passagen sind sehr medizinisch oder basieren auf komplexen genetischen Konzepten, da kann ich sie mit meinem Fachwissen unterstützen. Dass wir uns beruflich gut ergänzen, bereichert unsere Paarbeziehung. Wissenschaft ist bei uns täglich ein Thema. Das fällt uns leicht, weil wir dieselbe Sprache sprechen: die Sprache der Wissenschaft.»

Patricia Teixidor (52)
wissenschaftliche Mitarbeiterin im gleichen Labor an der Universität Bern.
«Ich habe an der Universität St. Andrews in Schottland Primatologie studiert. Mein Spezialgebiet war die vokale Kommunikation bei Affen. Nachher habe ich mich in Richtung Wissenschaftsjournalismus orientiert. Seit meinem Umzug in die Schweiz 2016 bin ich vermehrt in der Wissenschaftskommunikation tätig, mit Podcasts und Videos.

Meine Haupttätigkeit ist jedoch die Redaktion wissenschaftlicher Artikel für die Universität Bern. Wenn ich Texte redigiere, profitiere ich vom spezifischen Fachwissen von Hugues. In unserem täglichen Leben als Paar sind wir neugierig, wollen Neues lernen, auch in unserer Freizeit: Forschende eben!

Angenehm ist, dass es zwischen uns keine Konkurrenz gibt. Ein weiterer Punkt: Ich erlebe es positiv, dass er mein Vorgesetzter ist. Er ist zwar anspruchsvoll, aber immer respektvoll. Ich hatte schon wesentlich schlimmere Chefs als ihn.

Wir haben auch viel Verständnis für die beruflichen Verpflichtungen des andern. Ich arbeite zum Beispiel oft am Wochenende, und er achtet darauf, dass ich genügend Platz und Ruhe in der Wohnung habe. Als er mir sagte, er wolle ein einjähriges Sabbatical einlegen, habe ich ihn ebenfalls unterstützt. Ich gebe zu, dass ich zuerst Panik hatte, denn das bedeutete für mich, zehn Monate lang allein in der Schweiz zu sein. Doch ich wusste, dass diese Erfahrung für seine Karriere wichtig war.»

«Das Phänomen der akademischen Doppelkarriere wird präsenter werden.» | Foto: Anne Gabriel Jürgens

Die Wanderjahre sind wohl noch nicht vorbei: Sie wollen Beruf und Familie weiter vereinbaren können.
Anna Magdalena Elsner (38)
Charles Gottlieb (39)
Assistenzprofessorin für französische Literatur an der Universität St. Gallen.
Assistenzprofessor für Volkswirtschaftslehre, auch an der Universität St. Gallen.
«Kennengelernt haben wir uns, als ich von Oxford aus einen Erasmus-Austausch in Paris machte. Danach ging das grosse Pendeln los. Ich bin zurück nach England, und mein Partner hatte erst in Brüssel und später in Florenz eine Stelle. Einen grossen Teil meiner Dissertation habe ich irgendwo zwischen Cambridge, Florenz und Paris geschrieben. Meine Doktormutter hat das immer begrüsst.

Mit 29 erwartete ich unser erstes Kind. Das ist in akademischen Kreisen früh und eher die Ausnahme. Aber wir wollten die Entscheidung, ob wir Kinder wollen, nicht von der Karriere leiten lassen. Als mein Mann eine Assistenzprofessur in der Schweiz angeboten bekam, zogen wir nach Zürich, wo ein grosser Teil meiner Familie lebt.

In England stellte sich die Frage nach Teilzeitarbeit gar nicht. Finanziell wäre es nicht möglich gewesen, und Prozentanstellungen in der Forschung sind dort eher ungewöhnlich. Ich träume von einem flexibleren System. Aber ich bin auch Realistin und weiss, dass eine akademische Laufbahn ohne hundertprozentigen Einsatz schwierig ist.

Unterdessen habe ich eine Tenure-Track-Professur. Die Stelle meines Partners ist allerdings befristet. Das bedeutet, dass unsere Wanderjahre wohl noch nicht vorbei sind. Letztes Jahr wurden wir beide in die Swiss Young Academy gewählt, wo ich die Thematik der Frauenförderung, des Mentorings von jungen Eltern in der Forschung, aber auch von akademischen Doppelkarrieren einbringen möchte.»

«Wenn man gleichzeitig eine akademische Doppelkarriere verfolgt und Kinder hat, dann vollführt man einen Drahtseilakt. Als unsere Zeit als Postdocs in Oxford zu Ende ging, wurde unser Sohn geboren. Anna erhielt damals ein Fellowship am King’s College London und ich einen Grant, mit dem ich an die Universität Cambridge ging. Fortan pendelten wir abwechselnd von Oxford aus in verschiedene Richtungen. Ich musste auch länger nach Äthiopien und Uganda, um dort Daten zu sammeln.

Letztes Jahr habe ich eine Dozentenstelle in Schottland abgelehnt, weil diese Distanz für die Familie nicht vertretbar gewesen wäre und meine Produktivität gelitten hätte. Anna hat bereits nach ihrem Master auf ein Stipendium für ein Doktorat an der Columbia University verzichtet. Das Phänomen der akademischen Doppelkarriere wird präsenter werden. Eine Dual-Career-Förderung sollte auch zur Feminisierung der Professuren beitragen. Manche Universitäten in den USA und Deutschland bauen die Doppelkarriere-Frage bereits in die Berufungsverfahren ein.

Das Konzept des Mittelbaus lernten wir erst mit unserem Umzug in die Schweiz kennen. Als Teil meines Engagements bei der Swiss Young Academy möchte ich dem Schweizer Mittelbau ein Gesicht geben und dessen Repräsentation in den Schweizer Akademien stärken.»

Die Wanderjahre sind wohl noch nicht vorbei: Sie wollen Beruf und Familie weiter vereinbaren können.
Anna Magdalena Elsner (38)
Assistenzprofessorin für französische Literatur an der Universität St. Gallen.
«Kennengelernt haben wir uns, als ich von Oxford aus einen Erasmus-Austausch in Paris machte. Danach ging das grosse Pendeln los. Ich bin zurück nach England, und mein Partner hatte erst in Brüssel und später in Florenz eine Stelle. Einen grossen Teil meiner Dissertation habe ich irgendwo zwischen Cambridge, Florenz und Paris geschrieben. Meine Doktormutter hat das immer begrüsst.

Mit 29 erwartete ich unser erstes Kind. Das ist in akademischen Kreisen früh und eher die Ausnahme. Aber wir wollten die Entscheidung, ob wir Kinder wollen, nicht von der Karriere leiten lassen. Als mein Mann eine Assistenzprofessur in der Schweiz angeboten bekam, zogen wir nach Zürich, wo ein grosser Teil meiner Familie lebt.

In England stellte sich die Frage nach Teilzeitarbeit gar nicht. Finanziell wäre es nicht möglich gewesen, und Prozentanstellungen in der Forschung sind dort eher ungewöhnlich. Ich träume von einem flexibleren System. Aber ich bin auch Realistin und weiss, dass eine akademische Laufbahn ohne hundertprozentigen Einsatz schwierig ist.

Unterdessen habe ich eine Tenure-Track-Professur. Die Stelle meines Partners ist allerdings befristet. Das bedeutet, dass unsere Wanderjahre wohl noch nicht vorbei sind. Letztes Jahr wurden wir beide in die Swiss Young Academy gewählt, wo ich die Thematik der Frauenförderung, des Mentorings von jungen Eltern in der Forschung, aber auch von akademischen Doppelkarrieren einbringen möchte.»

Charles Gottlieb (39)
Assistenzprofessor für Volkswirtschaftslehre, auch an der Universität St. Gallen.
«Wenn man gleichzeitig eine akademische Doppelkarriere verfolgt und Kinder hat, dann vollführt man einen Drahtseilakt. Als unsere Zeit als Postdocs in Oxford zu Ende ging, wurde unser Sohn geboren. Anna erhielt damals ein Fellowship am King’s College London und ich einen Grant, mit dem ich an die Universität Cambridge ging. Fortan pendelten wir abwechselnd von Oxford aus in verschiedene Richtungen. Ich musste auch länger nach Äthiopien und Uganda, um dort Daten zu sammeln.

Letztes Jahr habe ich eine Dozentenstelle in Schottland abgelehnt, weil diese Distanz für die Familie nicht vertretbar gewesen wäre und meine Produktivität gelitten hätte. Anna hat bereits nach ihrem Master auf ein Stipendium für ein Doktorat an der Columbia University verzichtet. Das Phänomen der akademischen Doppelkarriere wird präsenter werden. Eine Dual-Career-Förderung sollte auch zur Feminisierung der Professuren beitragen. Manche Universitäten in den USA und Deutschland bauen die Doppelkarriere-Frage bereits in die Berufungsverfahren ein.

Das Konzept des Mittelbaus lernten wir erst mit unserem Umzug in die Schweiz kennen. Als Teil meines Engagements bei der Swiss Young Academy möchte ich dem Schweizer Mittelbau ein Gesicht geben und dessen Repräsentation in den Schweizer Akademien stärken.»