Die Lehrmeisterin schult den Lernenden: Im Rahmen des Covid-19-Gastro-Konzepts des Branchenverbands Gastroaargau werden die Berufsabschlüsse gesichert. | Foto: Ennio Leanza/Keystone

Hier drücken Berufsfachschullehrer und Prüfungsexpertinnen die Schulbank: im Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) an den drei Standorten Zollikofen bei Bern, Lausanne und Lugano. Das soll so bleiben – mit einem Unterschied: Voraussichtlich im August 2021 wird aus dem Institut die 37. Hochschule der Schweiz.

Was für Aussenstehende nach einem simplen bürokratischen Akt klingt, ist der vorläufig letzte Schritt auf einer Reise, die schon vor Jahren begann. Die Anfänge des EHB reichen 50 Jahre zurück, doch sein Auftrag war bis anhin kaum geregelt. Nun hat das Parlament das EHB-Gesetz verabschiedet, das am 1. August 2021 in Kraft treten soll.

50 Jahre für die Berufswelt
Ein Ausbildungsort für Berufsschullehrkräfte:

Das war das Institut für Berufspädagogik (SIBP). Es wurde 1972 in Zollikofen gegründet. 1975 wurde ein Standort in Lausanne und 1991 einer in Lugano eröffnet. Zunächst lag der Schwerpunkt im industriell-gewerblichen Bereich, später kamen auch kaufmännische Berufe dazu. Am 1. Januar 2007 wurde aus dem SIBP das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB). Finanziert wird das Institut, das künftig eine Hochschule sein wird, zum grössten Teil durch Bundesbeiträge aus dem Topf der Berufsbildung sowie Drittmitteln wie Dienstleistungen, Auftragsforschung und Gebühren.

Dass sich im zweiten Anlauf alle Parteien einstimmig für die Vorlage ausgesprochen haben, ist nicht selbstverständlich. So monierte der Arbeitgeberverband in der Vernehmlassung, dass das Gesetz zu stark «auf eine akademische Ausrichtung» fokussiere. «Die Nähe zu Wirtschaft und Arbeitswelt hat beim EHB eine lange Tradition. Sie ist quasi in unsere DNA eingeschrieben», hält demgegenüber die Direktorin des Instituts, Barbara Fontanellaz, fest. «Daran wird sich nichts ändern.»

Konkurrenz und Kooperation

Nicht sehr erfreut über den Neuzugang zeigte sich aber auch Swissuniversities: Das EHB verfüge nur über zwei Bologna-konforme Studiengänge (Bachelor und Master of Science in Berufsbildung) mit wenig Absolvierenden. Zudem genüge fürs Studium eine Berufsmatura, für die pädagogischen Hochschulen hingegen braucht es eine gymnasiale Matura. Auch «strapaziere» das EHB das Subsidiaritätsprinzip, indem es «Konkurrenzangebote» stelle, erklärt Heinz Rhyn, Rektor der Pädagogischen Hochschule (PH) Zürich. Tatsächlich besteht diese Konkurrenz schon heute. «Ich kann die Kritik zwar nachvollziehen», betont Barbara Fontanellaz. «Doch haben wir einen nationalen Auftrag – und nehmen diesen für die gesamte Schweiz wahr.»

«Wir qualifizieren Berufsleute für ihre Arbeit in ihrem Berufsfeld, und deshalb ist auch der Zugang mit Berufsmatura gerechtfertigt.»Barbara Fontanellaz

Die Überschneidung mit den PH sei nur klein. Letztere richten sich nämlich primär an künftige Lehrerinnen für die Volksschule. «Die bilden wir gar nicht aus», so Fontanellaz. «Wir qualifizieren Berufsleute für ihre Arbeit in ihrem Berufsfeld, und deshalb ist auch der Zugang mit Berufsmatura gerechtfertigt.» Denn Absolvierende des Bachelor- und Masterstudiengangs sind nahe an der Berufsbildung: Sie sind oft in der öffentlichen Verwaltung, Branchenorganisationen, Berufsfachschulen und der Forschung tätig. Letztere ist ein wichtiges Standbein des EHB. «Gerade in der Pandemie hat sich gezeigt, dass das Institut relevantes Wissen beispielsweise zum Berufseintritt junger Leute zur Verfügung stellen kann», sagt Fontanellaz. Dabei werde auf Kooperationen mit Universitäten und Hochschulen gesetzt. Von einer Konkurrenzsituation spricht in diesem Kontext denn auch niemand. So ist selbst für Rhyn klar: «Für die Pädagogische Hochschule Zürich ist das EHB ein wichtiger Partner bei der Forschung zu und Entwicklung von Berufsbildungsthemen. Auch in der Weiterbildung finden Kooperationen statt.»

Bis Ende 2022 will sich die neue Hochschule akkreditieren lassen. «Weil sich der Gesetzgebungsprozess verzögert hat, sind wir mit dem Akkreditierungsverfahren ziemlich unter Druck», sagt Fontanellaz. «Aber das gibt uns einen positiven Entwicklungsschub.»