Wenn die Flutwelle kommt: Hält das Gebäude, das hier durch den Würfel simuliert wird, stand? | Bild: Davide Wüthrich

Tsunamis entstehen meistens durch starke Erdbeben im Ozean. Aber auch Hangrutsche in Stauseen können Flutwellen auslösen. Das ist zum Beispiel 1963 im Vajonttal im italienischen Friaul passiert. Damals schwappte eine Riesenwelle über die 260 Meter hohe Staumauer und riss rund 1900 Menschen in den Tod. Die aktuelle Gletscherschmelze wird voraussichtlich zu weiteren Hangrutschen in Stauseegebieten führen.

«Wie tsunamiartige Wellen entstehen und welche Schäden sie anrichten, ist wissenschaftlich noch relativ schlecht untersucht», erklärt Davide Wüthrich, Doktorand am Wasserbaulabor der EPFL. Um herauszufinden, wie die Gebäudearchitektur die Zerstörungskraft eines Tsunamis beeinflusst, entwickelte er einen Simulator: einen 14 Meter langen Wasserkanal, der mit einem 7 Kubikmeter fassenden Wasserbehälter verbunden ist. Wird dieser in ein tiefer gelegenes Auffangbecken entleert, schwappt das Wasser in den Kanal, wodurch Hochwellen entstehen.

Um verschiedene Gebäudetypen zu simulieren, hat der Forscher im Kanal Würfel mit unterschiedlich grossen ffnungen auf einer Plattform mit integrierter Kräfte- und Momentenmessung installiert und geflutet. «Überraschend war, dass die Kraft der Welle auf den Würfel fast exakt proportional zur Fläche der Öffnungen abnimmt.» In der Realität bedeutet dies: Je mehr Türen und Fenster die Gebäude in gefährdeten Gebieten haben, umso effektiver kann der Druck einer Welle auf ein Gebäude gesenkt werden und esto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses zusammenbricht. Bewohner auf dem Dach wären also sicher.

Doch lassen sich reale Katastrophen überhaupt im Labor simulieren? Die japanischen Behörden scheinen jedenfalls beeindruckt: Sie arbeiten derzeit mit dem EPFL-Wasserbaulabor zusammen, um eines ihrer eigenen Tsunamimodelle zu prüfen.