IM BILD
Perlen für die Evolution
Unter Wasser im Fels gesammelt, im Labor analysiert. Buntbarscheier sind für die Forschung wie ein Fenster in die Evolution.

Buntbarscheier aus dem ostafrikanischen Tanganjikasee zeigen eine erstaunliche Vielfalt an Farben.| Foto: Grégoire Vernaz
Wie eine Grusskarte zu Ostern präsentiert sich das «Kaleidoskop der Biodiversität» von Grégoire Vernaz und Anja Haefeli von der Universität Basel. Es zeigt Buntbarscheier aus dem ostafrikanischen Tanganjikasee. In den letzten 9,7 Millionen Jahren haben sich dort über 240 verschiedene Arten entwickelt.
«Die Eier sind wie ein Fenster in die Evolution – sie zeigen schon ganz am Anfang der Entwicklung Unterschiede, die später zu neuen Arten führen», erklärt Vernaz. «Wir waren total überrascht, wie divers die Eier nicht nur in der Farbe, sondern auch in der Form und der Grösse sind, sogar bei nah verwandten Arten.»
Die Feldarbeit in Tansania und Sambia war zudem nicht ohne Schreckmomente: «Bei einem Tauchgang sahen wir einen Felsen voller Eier – und plötzlich kam ein riesiger Fisch wie ein Raubtier direkt auf uns zu», erzählt Vernaz. Trotzdem konnten die Forschenden Proben mitnehmen und im Labor vor Ort untersuchen.
Um möglichst sozusagen frische Eier zu präparieren, waren auch aussergewöhnliche Einsätze nötig. «Viele Arten erreichen das Entwicklungsstadium von Interesse mitten in der Nacht – manchmal war ich um zwei Uhr morgens noch im Einsatz», erinnert sich Haefeli.
Die Grösse der Eier auf dem Bild variiert zwischen einem und sechs Millimeter Länge. «Wir haben alle in einem sehr frühen Entwicklungsstadium fotografiert, nämlich innerhalb der ersten drei Tage nach der Befruchtung », sagt Vernaz. Die Komposition ist inspiriert von ikonischen Aufnahmen diverser Vogeleier in der Geschichte der Naturzeichnungen. «Wir wollten auch so etwas zeigen», so Vernaz.
Warum die Hüllen so bunt sind, ist auch für die Forschenden ein Rätsel. Vielleicht liegt es an der Nahrung der Fische, vielleicht an der für die jeweilige Umgebung notwendigen Tarnung, damit sie auf dem Untergrund nicht gesehen werden. Auf jeden Fall ist für Vernaz klar: «Diese Fische sind nicht nur schön – sie sind perfekte Botschafter für evolutionäre Prozesse und für den Schutz fragiler Ökosysteme.»