Sonnenblumen bringen dem Kornfeld mehr als Schönheit. Mit einer intelligenten Co-Kultivierung könnte dereinst auch der Ertrag gesteigert werden. | Bild: Keystone/Westend61/Canan Czemmel

Hierzulande werden Nutzpflanzen überwiegend als Monokulturen angebaut, weil sie so einfacher zu bearbeiten und abzuernten sind. Doch aus natürlichen Ökosystemen ist bekannt, dass sich botanische Vielfalt positiv auf das Wachstum von Pflanzen auswirkt. Dieser sogenannte Biodiversitätseffekt basiert auf Wechselwirkungen sowohl zwischen den Pflanzen untereinander als auch zwischen Pflanzen und Boden. Könnte man sich dies nicht auch im Ackerbau zunutze machen?

«Zum Biodiversitätseffekt bei Ackerpflanzen gibt es bereits verschiedene Studien, die allerdings widersprüchliche Resultate lieferten», erklärt der Agrarökologe Christian Schöb vom Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich. Gemeinsam mit Kollegen in Madrid wollte er daher herausfinden, ob und unter welchen Bedingungen es auch bei Nutzpflanzen einen Effekt gibt.

In einem ersten Experiment bauten die Forschenden acht Nutzpflanzen in Monound Mischkulturen mit je zwei oder vier Arten an. Dann verglichen sie deren Wachstum anhand von Pflanzenhöhe, Blattfläche und Blattmasse. Die ausgewählten Arten repräsentierten verschiedene funktionelle Gruppen, die sich in ihrer Lebensweise stark unterscheiden: Luftstickstoff fixierende Erbsen und Kichererbsen, Tomaten und Sonnenblumen als Vertreter von krautigen Pflanzen sowie die Gräser Hafer, Hartweizen und Hirse, die unterschiedliche Arten von Fotosynthese betreiben.

«Wir glauben, dass bei Nutzpflanzen durch die jahrzehntelange Domestizierung die genetische Variabilität verlorengegangen ist.»Christian Schöb

Der gemessene Effekt auf das Wachstum war grösser, wenn die Wissenschaftler funktionell verschiedene Arten miteinander kombinierten – also beispielsweise Sonnenblumen mit Hafer oder Tomaten mit Hirse. Das lässt sich damit erklären, dass sie sich gegenseitig ergänzen. Hingegen konkurrieren sich Pflanzen aus der gleichen funktionellen Gruppe stärker, weil sie jeweils dieselben Ressourcen nutzen: Sie bilden ähnliche Wurzelstöcke, bevorzugen dieselben Boden- und Klimabedingungen, wachsen und reifen etwa zeitgleich.

Verantwortliche DNA gefunden

Das Team um Schöb verglich in der Folge das Wachstum der Nutzpflanzen auch mit verwandten Wildpflanzen: «Der Biodiversitätseffekt war in den Mischungen von Nutzpflanzen geringer als bei Co-Kulturen der mit ihnen verwandten Wildformen», so Schöb. «Wir glauben, dass bei Nutzpflanzen durch die jahrzehntelange Domestizierung und Selektion auf wenige Eigenschaften wie Ertrag, Standfestigkeit oder Resistenz gegen Schädlinge die genetische Variabilität, die für den Biodiversitätseffekt nötig ist, verlorengegangen ist.» Die Wildpflanzen konnten, wohl dank ihrer genetischen Vielfalt, stärker auf experimentelle Selektionseffekte reagieren.

Welche Gene zum Biodiversitätseffekt beitragen, ist noch nicht geklärt. Allerdings konnten Samuel Wüst und Pascal Niklaus von der Universität Zürich mit Hilfe der Modellpflanze Arabidopsis thaliana bereits eine Region auf einem Chromosom identifizieren, die deutlich mit dem Effekt gekoppelt ist. «Es hat uns sehr überrascht, dass solche komplexe und bisher schlecht verstandene Eigenschaften von Pflanzen wie deren Teamfähigkeit eine solch einfache genetische Grundlage haben», so Wüst. Trotzdem sei kaum nur ein Gen für den Effekt verantwortlich.

Jetzt untersuchen Schöb und Kollegen mit acht funktionell sehr unterschiedlichen Arten, ob der Biodiversitätseffekt auch bei Nutzpflanzen durch längere Co- Kultivierung zunehmend deutlicher hervortritt. Das würde Forschungsresultate der Gruppe um den Umweltwissenschaftler Bernhard Schmid der Universität Zürich bestätigen: Diese zeigten, dass Biodiversitätseffekte sich aufgrund evolutiver Anpassungen zwischen co-existierenden Arten verstärken. «Diese Art Studien sind extrem relevant für die Landwirtschaft», so Schmid. «Noch sind wir nicht so weit, aber ich bin sicher, dass die Landwirtschaft in vielleicht zehn Jahren komplett umgestellt wird und die Biodiversität nutzt, um den Ertrag zu steigern und nachhaltig zu sein.»