Als erste Strategie erfolgreich: Rechnen mit den Fingern. | Bild: Shutterstock/ZouZou

Manche Erstklässler nehmen zum Rechnen die Finger, andere nicht. Welche Kinder kommen eher zum richtigen Ergebnis? Die Meisten würden wohl auf die Kleinen tippen, die ohne Finger auskommen. Viele Lehrer sehen es auch so und ermahnen den Nachwuchs entsprechend. Doch tatsächlich rechnen die Mathe-Anfängerinnen und -Anfänger besser, die ihre Aufgaben an den Fingern abzählen. Noch erstaunlicher: Das sind wahrscheinlich die intelligenteren Kinder. Zumindest schneiden sie im Gedächtnisteil eines gängigen IQ-Tests besser ab. Das hat die Psychologieprofessorin Catherine Thevenot von der Universität Lausanne herausgefunden.

Der Einsatz der Finger ist also keineswegs ein Notbehelf für Kinder, die es nicht mit dem Kopf allein schaffen: «Mit den Fingern zu zählen ist vielmehr eine Leistung, die zunächst nicht alle hinbekommen», sagt Thevenot. «Die Kinder müssen erst einmal begreifen, dass Finger für Zahlen stehen können.»

Wer allerdings beim Addieren beide Zahlen komplett an den Fingern abzählen will, kommt nicht weit – bei zehn ist Schluss. Begabtere Kinder ändern darum bald die Strategie: Sie merken sich die grössere Zahl und zählen dann hoch, indem sie so viele Finger strecken, wie für die kleinere nötig sind. Auf die Dauer hilft das freilich auch nicht. Wenn die Zahlen noch grösser werden, gehen die Finger trotzdem aus. Die Forscherin Thevenot verfolgt die Entwicklung der untersuchten Kinder weiter und erwartet, dass die besseren ungefähr mit acht zuerst auf die Finger verzichten, während die anderen noch eine Weile daran kleben werden.